Neue Regeln Bankenaufsicht verbietet spekulative Leerverkäufe

Die Finanzaufsicht macht Ernst: Die BaFin untersagt hochspekulative Wetten von Investoren auf fallende Kurse. Schon ab Mittwoch sind ungedeckte Leerverkäufe von Aktien und Staatsanleihen aus Euro-Ländern verboten.
Frankfurter Börse: Ab Mittwoch sind ungedeckte Leerverkäufe verboten

Frankfurter Börse: Ab Mittwoch sind ungedeckte Leerverkäufe verboten

Foto: ddp

Berlin - Nach den Hedgefonds kommen jetzt auch die Leerverkäufer unter strenge Aufsicht. Die Finanzaufsicht BaFin verbietet von Mittwoch an besonders riskante Wetten von Investoren auf fallende Kurse. Dabei haben die Finanzaufseher speziell die "ungedeckten Leerverkäufe" in Aktien und Staatsanleihen aus Euro-Ländern im Visier.

Ab Mittwoch, 0 Uhr, würden ungedeckte Leerverkäufe in Aktien der zehn bedeutendsten deutschen Finanzinstitute untersagt, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Dienstagabend. Das Verbot betreffe auch ungedeckte Leerverkäufe von Staatsanleihen der Euro-Länder. Auch ungedeckte Credit Default Swaps (CDS), also Kreditausfallversicherungen ohne reale Grundlage, seien von dem Zeitpunkt an verboten.

Die FDP-Fraktion begrüßt das Verbot. "Das findet ausdrücklich unsere Unterstützung", sagte Fraktionschefin Birgit Homburger am Dienstagabend nach einer Fraktionssitzung in Berlin. Alles, was auf nationaler Ebene zur Verhinderung künftiger Krisen gemacht werden könne, müsse schnell auf den Weg gebracht werden.

Vorstoß auf EU-Ebene angestrebt

Ein Vorstoß auf EU-Ebene in dieser Frage werde noch Zeit brauchen, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben bei der Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin. Das Kabinett werde am 2. Juni über einen Vorstoß zum deutschen Bankensektor beraten. Damit sollte vor einer europäischen Lösung national ein Weg geschaffen werden, Leerverkäufe zu verbieten. Bis dahin solle die Finanzaufsichtsbehörde BaFin angewiesen werden, auf Grundlage bestehender Instrumente tätig zu werden.

Bei Leerverkäufen wetten Investoren auf fallende Kurse von Wertpapieren oder Währungen. Sie leihen sich Aktien von anderen Anlegern, verkaufen diese und versuchen, sich anschließend billiger wieder damit einzudecken. Bei ungedeckten Leerverkäufen haben sich die Investoren noch nicht einmal die Papiere geliehen und sparen auf diese Weise die Gebühren für die Wertpapierausleihe - was die Risiken noch erhöht. Diese Geschäfte können Kursausschläge einer Aktie drastisch beschleunigen.

Mitverursacher der Finanzkrise

Viele Politiker sehen in den Spekulanten mit ungedeckten Leerverkäufen Mitverursacher der Finanzkrise. Eine These, der die Betroffenen vehement widersprechen. Aus der Perspektive von James Chanos, der mit Leerverkäufen ein Milliardenvermögen angehäuft hat, tragen sie dazu bei, Überbewertungen, Betrug und Marktmissbrauch auszurotten. "Sie sind Finanzpolizisten der Märkte", sagte er im Interview mit dem "Handelsblatt". Denn während der Regulierer wie ein Archäologe immer erst nachher komme, könne der Leerverkäufer wie ein Detektiv viel früher auf Marktverzerrungen aufmerksam machen.

Die Verzerrungen, die Leerverkäufer hervorrufen, halten die Finanzaufseher allerdings für mindestens ebenso gefährlich. Nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers war ein Verbot dieser spekulativen Geldanlage notwendig geworden, um die Märkte zu stabilisieren. Ende Januar hatte die BaFin das Verbot nach eineinhalb Jahren auslaufen lassen.

Jetzt wurde das Thema wieder aktuell, weil der Verdacht bestand, dass Leerverkäufer griechische Anleihen quasi zum Abschuss freigegeben und Griechenland an den Rand des Ruins gebracht hatten.

mik/dpa/Reuters/apn
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