Deutliche Steigerung 678.000 Menschen in Deutschland haben keine Wohnung

Sie leben auf der Straße oder kommen bei Bekannten unter: Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland ist laut einer Schätzung gestiegen - vor allem aus drei Gründen.
Ein Wohnungsloser 2017 im Berliner Tiergarten

Ein Wohnungsloser 2017 im Berliner Tiergarten

Foto: Paul Zinken/ picture alliance / Paul Zinken/d

In der amtlichen Statistik kommen sie bislang nicht vor, doch aktuelle Schätzungen zeigen, dass die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland zunimmt. 2018 waren 678.000 Menschen ohne Wohnung, 4,2 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe berichten. 2017 lag die Zahl der Menschen ohne Wohnung demnach noch bei 650.000. Dem Bericht zufolge lebten 2018 etwa 41.000 Menschen ohne jegliche Unterkunft auf der Straße.

Wohnungslosigkeit ist vor allem für Geflüchtete zunehmend zum Problem geworden: Die Zahl der wohnungslosen Menschen ohne Fluchthintergrund sei mit 1,2 Prozent weniger stark angestiegen als die Zahl der wohnungslosen anerkannten Geflüchteten mit 5,9 Prozent, sagte die Geschäftsführerin der BAG Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke.

Nach Angaben der BAG Wohnungslosenhilfe waren 2018 rund 70 Prozent der wohnungslosen Menschen ohne Fluchthintergrund alleinstehend, 30 Prozent lebten mit Partnern und/oder Kindern zusammen. Laut Schätzung lag die Zahl der Kinder und minderjährigen Jugendlichen bei acht Prozent.

Als Hauptgründe für die steigende Zahl der Wohnungslosen nannte Rosenke das unzureichende Angebot an bezahlbarem Wohnraum, dass der Sozialwohnungsbestand schrumpft und Armut sich verfestigt. "Es fehlt insbesondere an bezahlbarem Wohnraum für Menschen im Niedrigeinkommensbereich, für die Menschen, die Transferleistungen beziehen und für anerkannte Geflüchtete."

Alleinerziehende und junge Erwachsene seien besonders gefährdete Personengruppen. Aber auch die drohende Altersarmut der Generation der Billigjobber, der Solo-Selbstständigen und anderer prekär beschäftigter Menschen sei besorgniserregend, sagte Rosenke.

Bislang gibt es keine offizielle Statistik zu Wohnungslosigkeit. Das soll sich aber ändern. Ein kürzlich verabschiedetes Gesetz sieht die Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik zu untergebrachten wohnungslosen Menschen vor. Damit wird laut Arbeitsministerium erstmals eine bundesweite Datengrundlage zum Ausmaß sowie zur Struktur von Wohnungslosigkeit in Deutschland geschaffen.

Statistik soll Hilfe ermöglichen

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Statistische Bundesamt jeweils zum Stichtag 31. Januar die Zahl untergebrachter wohnungsloser Menschen erfasst - also Wohnungslose, die Leistungen zur Unterbringung in Anspruch nehmen. Dabei sollen Angaben zu Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Haushaltstyp und -größe, Art der Unterkunft sowie das Datum des Beginns der Unterbringung erhoben werden. Erstmals ist die neue Bundesstatistik zum 31. Januar 2022 geplant.

Die Daten sollen auch dazu genutzt werden, sozialpolitische Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit zu entwickeln.

mmq/jpz/AFP/Reuters
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