OECD-Analyse Griechen stellen Sparrekord auf

Die Appelle haben gefruchtet: Laut OECD spart Griechenland so konsequent wie kein anderes Industrieland in den vergangenen 25 Jahren. Schon im kommenden Jahr könnten die Hellenen wieder auf Wachstum hoffen.
Parthenon in Athen: "Diese Defizitreduktion ist enorm"

Parthenon in Athen: "Diese Defizitreduktion ist enorm"

Foto: Pantelis Saitas/ dpa

Berlin - An Mahnungen zur Sparsamkeit haben sich die Griechen gewöhnt, seitdem ihr Land im vergangenen Jahr als erster Staat der Euro-Zone vor der Pleite bewahrt werden musste. Doch nun gibt es von der Industrieländerorganisation OECD erstmals auch deutliches Lob. Laut ihrer Frühjahrsprognose senkte Griechenland sein strukturelles Defizit allein zwischen 2009 und 2010 von 14 Prozent auf 6,5 Prozent. Im nächsten Jahr soll es sogar bei nur noch 1,3 Prozent liegen."Diese Defizitreduktion ist enorm", sagte der leitende OECD-Ökonom Eckhard Wurzel der "Financial Times Deutschland" ("FTD"). "Kein anderes OECD-Land hat in den letzten 25 Jahren sein strukturelles Defizit binnen eines Jahres so stark gesenkt."

Unter dem strukturellen Defizit verstehen Ökonomen jene Schulden, die nicht durch konjunkturelle Einflüsse verursacht und damit dauerhaft sind. Da - auch aufgrund der massiven Einschnitte der öffentlichen Hand - die griechische Wirtschaft schrumpft, liegt die reale Neuverschuldung allerdings höher.

Mit ihrer Bewertung setzt sich die OECD überraschend deutlich von der tendenziell pessimistischen Debatte über die wirtschaftliche Zukunft Griechenlands und die Sparanstrengungen der griechischen Regierung ab. Bereits für das kommende Jahr rechnet die Organisation wieder mit einem geringen Wirtschaftswachstum, von 2015 bis 2025 soll das griechische Bruttoinlandsprodukt gar durchschnittlich um 2,4 Prozent steigen. Im Jahr 2010 sank die Wirtschaftsleistung um 4,5 Prozent, in diesem Jahr wird ein Minus von 2,9 Prozent erwartet.

Obwohl die griechische Regierung rigoros spart, mehren sich die Rufe nach einer Umschuldung des Landes. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte jedoch, diese könnte unkontrollierbare Folgen haben. "Wenn Griechenland zahlungsunfähig würde, sagen manche, die sich mit dem Thema beschäftigen, könnten die Folgen katastrophaler werden als nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers", sagte Schäuble dem "Handelsblatt".

Von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erhielt Schäuble Unterstützung für die Idee einer "sanften Umschuldung", bei der Kredite erst später zurückgezahlt werden müssten. "Der Bundesfinanzminister hat die FDP-Fraktion an seiner Seite, wenn er eine sanfte Umschuldung hart, aber fair umsetzt", sagte Brüderle im Bundestag. Die griechischen Wirtschaftszahlen sprächen für sich: "Dafür braucht man nicht Pythagoras, da genügt Adam Riese."

Die griechische EU-Kommissarin Maria Damanaki warnte am Mittwoch vor einem mögichen Ausstieg ihres Landes aus dem gemeinsamen Währungsraum. "Das Szenario einer Distanzierung Griechenlands vom Euro liegt auf dem Tisch", hieß es in einer Erklärung von Damanaki. Ein Austritt sei nur durch einen drastischen Sparkurs zu verhindern.

fdi
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