Größerer Rettungsschirm OECD verlangt Billionen-Schutzwall gegen Euro-Krise
Gerade erst hat Deutschland seinen Widerstand gegen die Aufstockung der Rettungsschirme EFSF und ESM aufgegeben, doch das scheint nicht zu reichen. Auf eine Billion Euro müsse die Hilfskasse aufgefüllt werden, fordert jetzt die OECD. Die Euro-Länder müssten in dem Fall erneut Geld bereitstellen.
Brüssel - Erst am Montag zeigte sich die Bundesregierung zu einem Kompromiss bereit: Die beiden Euro-Hilfsfonds ESM und EFSF könnten nebeneinander bestehen und mit insgesamt 700 Milliarden die möglichen Finanzierungslücken von verwundbaren Euroländern stopfen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nur einen Tag später erhöht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nun erneut den Druck: In einem Bericht, den die Industriestaaten-Organisation am Dienstag vorgestellt hat, heißt es: "Die europäischen Brandmauern müssen weiter erhöht und glaubwürdiger gemacht werden, um Vertrauen wieder herzustellen."
Die Glaubwürdigkeitshöhe beziffert die OECD genau: Der geschätzte Refinanzierungsbedarf belaufe sich "auf mehr als eine Billion Euro über die kommenden zwei Jahre". Zudem könnte Geld zur Rekapitalisierung wichtiger Banken gebraucht werden. Laut OECD-Analyse greift damit das Angebot von Kanzlerin Angela Merkel, die Fonds auf 700 Milliarden Euro zu ergänzen, deutlich zu kurz.
Brandmauern sollen Glaubwürdigkeit stärken
"Um Spannungen an den Märkten zu beruhigen, müssen die Fonds in einem ausreichenden Maße bereitstehen, um möglichen künftigen Anträgen auf Finanzhilfe standzuhalten", warnten die OECD-Experten. Dafür sei eine deutliche Erhöhung notwendig. "Obwohl es unklar ist, ob Mittel in dieser Höhe jemals in Anspruch genommen werden, könnte die Verfügbarkeit glaubwürdiger Brandmauern das Vertrauen stärken."
Bislang sind die zum Einsatz gegen die Schuldenkrise einsetzbaren Mittel deutlich geringer als von der OECD gefordert. Der bisherige Euro-Rettungsfonds EFSF kann insgesamt 440 Milliarden Euro einsetzen. Im Sommer tritt dann der dauerhafte Euro-Rettungsfonds ESM in Kraft, der schrittweise bis zu 500 Milliarden Euro zum Kampf gegen die Krise erhalten soll. Bisher war geplant, dass das verfügbare Geld auch in einer Übergangsphase, in der beide Fonds nebeneinander bestehen, nicht die Summe von insgesamt 500 Milliarden Euro übersteigt.
Diesen Standpunkt hatte besonders die Bundesregierung vertreten. Unter dem Druck von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und mehreren Euro-Ländern zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag jedoch zu einem Kompromiss bereit. So könnten zusätzlich zu den 500 Milliarden Euro aus dem ESM weitere rund 200 Milliarden Euro aus dem bisherigen Rettungsfonds EFSF kommen, die für Hilfsprogramme für Griechenland, Irland und Portugal verplant sind. Eine Entscheidung soll auf einem Treffen der Euro-Finanzminister in dieser Woche in Kopenhagen getroffen werden.
OECD rechnet mit Wachstum der Euro-Staaten
Neben der Forderung nach einer größeren Krisenkasse legte die OECD auch ihren Konjunkturausblick vor. Trotz der Wirtschaftsflaute kommt die Euro-Zone nach Ansicht der Organisation in diesem Jahr um eine Rezession herum. Die Wirtschaft wird nach Einschätzung der Industriestaatengruppe im Währungsraum werde 2012 um 0,2 Prozent zulegen. Im kommenden Jahr werde die Konjunktur dann mit 1,4 Prozent sogar deutlich anziehen.
Um die Schuldenkrise wirksam zu bekämpfen fordern die OECD-Experten von den Euro-Ländern, die Strukturreformen voranzutreiben und die öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen. Die OECD räumte allerdings ein, es gebe das Risiko, dass zu starke Konsolidierung mit zeitgleicher Bilanzkürzung der Banken ("Deleveraging") kurzfristig die Konjunktur bremsen könnte.
nck/dapd/AFP