OECD-Bericht Digitalisierung bedroht Jobs Geringqualifizierter

Handschlag mit Roboter: Mensch braucht Maschine nicht zu fürchten
Foto: Hauke-Christian Dittrich/DPAIhren "Beschäftigungsausblick 2019" leitet die OECD mit einer Entwarnung ein: Zu Massenarbeitslosigkeit werden technologischer Wandel und Globalisierung nicht führen. Doch immerhin 14 Prozent, so prognostizieren die Autoren der am Donnerstag veröffentlichten Studie, werden der Automatisierung zum Opfer fallen. Die Betroffenen dürften aber in anderen Disziplinen eine Anstellung finden, weil im Endeffekt die Zahl der neu entstehenden Arbeitsplätze größer sei, als die Zahl derjenigen, die wegfielen.
Ein Selbstläufer dürfte der Strukturwandel trotzdem nicht werden. Denn es ist nach Einschätzung der Experten keineswegs sicher, ob die neu entstehenden Jobs die gleiche Qualität haben wie die alten. Die Unterschiede im Arbeitsmarkt könnten zunehmen, da bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern größeren Risiken ausgesetzt seien als andere.
Dazu zählten besonders diejenigen, die im verarbeitenden Gewerbe tätig sind, denn hier ließen sich viele Arbeiten von Maschinen erledigen. Deutschland als Industriestandort sei in diesem Zusammenhang deutlich stärker betroffen, als andere OECD-Staaten.
"Arbeitsplätze mit Routineaufgaben und geringen Qualifikationsanforderungen unterliegen in der Regel einem höheren Automatisierungsrisiko als Arbeitsplätze für Hochqualifizierte mit kognitiven Aufgaben", heißt es in der Studie.
Junge Facharbeiter sind in Deutschland gesucht
Im OECD-Raum habe sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt für junge Menschen und Menschen mit geringer oder mittlerer Bildung in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. "Junge Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss sind besonders betroffen und häufiger unterbeschäftigt, niedrig entlohnt oder gar nicht erwerbstätig". Frauen seien im Allgemeinen besonders gefährdet, zunehmend seien aber auch Männer betroffen.
In Deutschland hätten sich die Trends dagegen in die entgegengesetzte Richtung entwickelt. Hier hätten sich die Arbeitsmarktchancen junger Menschen in den vergangenen Jahren sogar verbessert. "Das Risiko für eine/n 15- bis 29-jährige/n Deutsche/n, die/der sich nicht mehr in der Ausbildung befindet, keinen Job zu haben, ist von 13 Prozent Mitte der 2000er Jahre auf heute neun Prozent gesunken." Als entscheidenden Faktor machen die Studienautoren in diesem Zusammenhang das duale Ausbildungssystem in Deutschland aus, das jungen Menschen den Einstieg ins Arbeitsleben erleichtere.
Als weitere Risikogruppe, die von den Veränderungen in der Arbeitswelt stark betroffen sein könnten, identifiziert die OECD die atypisch Beschäftigten. Jene also, die mit befristeten Arbeitsverträgen vorliebnehmen müssten oder als Teilzeitkräfte arbeiteten. Hinzu kämen diejenigen, die offiziell als Selbstständige unterwegs seien, denen der (alleinige) Auftraggeber aber praktisch keinen Gestaltungsspielraum bei der Ausführung ihrer Arbeit lasse - Scheinselbstständige also. Solche Beschäftigungsverhältnisse seien in den OECD-Ländern weitverbreitet.
Beste Absicherung ist Bildung
Wolle man diese Gruppe von Arbeitnehmern den Veränderungen nicht schutzlos ausliefern, müssten geeignete rechtliche Absicherungen geschaffen werden. So müssten steuerliche Anreize abgeschafft werden, die die Beschäftigung Scheinselbstständiger besonders attraktiv machten. Sinnvoll sei ebenfalls, der Marktmacht bestimmter Arbeitgeber Grenzen zu ziehen.
Die beste Absicherung biete allerdings nach wie vor eine gute Bildung, die jedoch mit dem Gesellen- oder Meisterbrief keinesfalls abgeschlossen sei. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass in Deutschland der Abstand zwischen den geringer und den höher Qualifizierten immer größer werde, schreiben die Studienautoren.
Interessanterweise liege das nicht daran, dass den Geringqualifizierten die Weiterbildungsangebote vorenthalten würden, sondern dass die Hochqualifizierten sie besonders eifrig wahrnähmen. Aufgabe der Politik sei es, aktiv einzugreifen und Angebote zu schaffen, die die Attraktivität der Weiterbildung erhöhten.