Umweltschutz Österreich will Plastiksackerl ab 2020 verbieten

Plastiksackerl
Foto: Marcel Kusch/ dpa
Plastiksackerl
Foto: Marcel Kusch/ dpaDie konservative Regierung in Österreich plant ein Verbot aller Plastiktüten im Handel ab 2020. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge sind davon alle Kunststofftragetaschen betroffen, außer solche, die biologisch vollständig abbaubar sind.
Das österreichische Umweltministerium plant demnach auch ein Verbot der Beimengung von Mikroplastik in Kosmetik und Reinigungsmitteln. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begründete den Schritt mit der Notwendigkeit, Umweltbewusstsein zu schaffen - man wolle dem Trend der Wegwerfgesellschaft entgegenwirken, sagte er.
Ende Oktober stimmte das EU-Parlament dafür, langfristig Wegwerfprodukte aus Plastik zu verbieten. Ab 2021 sollen eine Reihe von Einwegprodukten wie etwa Strohhalme, Plastikgeschirr, Wattestäbchen und eben Plastiktüten aus der EU verbannt werden.
Mit dem Verbot in Österreich sollen rund 7000 Tonnen Plastiktüten jährlich vermieden werden. Einweg-Plastiksäcke brauche man einfach nicht mehr, hieß es zur Begründung aus dem Umweltministerium. Viele Lebensmittelgeschäfte hätten schon jetzt gute Alternativen. "Das Verbot wird hier einen klaren Schlussstrich ziehen", sagte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace lobte die Pläne. Gleichzeitig warnte sie jedoch davor, die Plastiktüten - in Österreich Plastiksackerl genannt - mit Tüten aus Papier oder Bio-Plastik zu ersetzen. Nur Mehrwegtüten seien tatsächlich umweltschonend. Man dürfe das Problem nicht auf andere Materialien verlagern.
Kritik aus der Wirtschaft
In der Wirtschaft rief das geplante Verbot geteilte Reaktionen hervor. "Das jetzt angekündigte generelle Verbot ist aus unserer Sicht nicht notwendig", sagte Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ).
"Der Handel bekennt sich - natürlich - zum Umweltschutz. Das zeigt sich auch daran, dass die freiwillige Vereinbarung mit großen Handelsunternehmen zur Reduktion des Kunststofftaschenverbrauchs hervorragend funktioniert", sagte Buchmüller in der WKÖ-Mitteilung. Tatsache sei: "Das Gratis-Plastiksackerl ist im österreichischen Handel schon jetzt praktisch Geschichte, der Verbrauch an Plastiktaschen massiv zurückgegangen."
Buchmüller betonte, dass eine Ausweitung der freiwilligen Vereinbarung auf kleinere Handelsbetriebe angeboten wurde. "Wenn es jetzt trotzdem zu einem Plastiksackerl-Verbot kommen soll, brauchen die Betriebe Unterstützung, um ihren Kunden praktikable Alternativen anbieten zu können." Zudem könne es nicht sein, "dass hier einmal mehr nur der österreichische Handel, nicht aber der ausländische Online-Versandhandel in die Ziehung kommt", kritisierte Buchmüller.
Eine Regulierung des internationalen Onlinehandels und Bewusstseinsbildung beim Konsumenten seien entscheidend, hieß es auch aus dem Handelsverband. "Wir würden uns jedoch wünschen, dass hochwertige Mehrweg-Kunststofftragetaschen im Handel weiterhin kostenpflichtig eingesetzt werden dürfen. Diese werden schließlich nicht nach einem Einkauf weggeworfen", forderte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.
In Deutschland war der Verbrauch von Plastiktüten zuletzt deutlich gesunken. Insgesamt senkten die Deutschen ihren Verbrauch an Plastiktüten um rund ein Drittel - auf im Schnitt 29 Plastiktüten pro Person. Damit übertrifft Deutschland sogar die Vorgaben der EU.
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Wattestäbchen
Allein in der Europäischen Union entstehen der EU-Kommission zufolge jedes Jahr rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll, von denen weniger als 30 Prozent zur Wiederverwertung gesammelt werden. Vom Rest landet ein Großteil auf Müllkippen oder in der Umwelt. Insgesamt will die EU-Kommission daher zehn Produkte gezielt verbieten, die am häufigsten im Strandmüll auftauchen. Darunter sind Wattestäbchen, außer für medizinische Zwecke.
Plastikgeschirr und -teller
Des Weiteren stehen auf der Liste Löffel, Gabeln, Messer und Essstäbchen aus Plastik. Genauso sollen Plastikteller nicht mehr zu Grillfesten in der EU gehören dürfen. Die Kommission will nur solche Produkte verbieten, die einfach und kostengünstig aus anderen Materialien hergestellt werden können.
Plastikstrohhalme
Für Plastikstrohhalme gilt wie für alle Produkte: Verlässliche Daten über die Menge des anfallenden Mülls gibt es nicht. Die in Brüssel ansässige Umweltschutz-Dachorganisation Seas at Risk schätzt den jährlichen Verbrauch in den 28 EU-Ländern auf Grundlage von Handels- und Abfallstatistiken auf 36,4 Milliarden Halme. Rechnerisch nutzt demnach jeder der etwa 512 Millionen EU-Bürger also 71 Stück pro Jahr. Alternative wären Trinkhalme aus Papier.
Getränkerührstäbchen
Sie sind beliebt bei Kaffeehausketten und in Autobahnraststätten: Auch Getränkerührstäbchen aus Plastik stehen auf der Verbotsliste der EU-Kommission. Die Kommission verspricht sich große Umweltvorteile von ihren Plänen. So sollen die Maßnahmen den Ausstoß von Kohlendioxid um 3,4 Millionen Tonnen verringern. Bis 2030 könnten Umweltschäden im Wert von 22 Milliarden Euro vermieden werden, teilte die Brüsseler Behörde mit. Verbraucher könnten bis zu 6,5 Milliarden Euro sparen.
Halter für Luftballons
Luftballons, die auf der Straße verteilt werden, kommen oft mit einem Stab zum Festhalten. Der soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission künftig nicht mehr aus Plastik sein. Das Gleiche gilt für die Halterung, die den Ballon mit dem Stab verbindet. Luftballons selbst sollen mit auffälligen Warnhinweisen versehen werden, die die Verbraucher über die Umweltrisiken und die richtige Entsorgung aufklären. Die von der Kommission vorgelegte Richtlinie ist zunächst nur ein Vorschlag. Dieser muss nun mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament verhandelt werden. Die Verabschiedung und Umsetzung dürften Jahre dauern.
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