"Ossi"-Diskriminierung Klägerin stellt sich auf langen Streit ein
Hamburg - Die Markierung fand sich auf dem Lebenslauf, rechts von den persönlichen Angaben. "(-) Ossi" hatte der potentielle Arbeitgeber auf der Bewerbung von Gabriela S. notiert. Die Frau hatte sich im Sommer 2009 um eine Stelle als Buchhalterin bei einem Stuttgarter Handwerksbetrieb beworben - erfolglos. S. glaubt, dass das an ihrer Herkunft aus Ost-Berlin liegt. In der kommenden Woche wird sich das Arbeitsgericht Stuttgart mit dem Fall befassen, denn S. hat geklagt, weil sie ihre Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verletzt sieht.
Im SPIEGEL-Interview kündigt Gabriela S. nun einen langen juristischen Kampf an. Im Falle einer Niederlage werde sie vor das Landesarbeitsgericht ziehen, erklärte die Frau. Dass der potentielle Arbeitgeber handschriftlich die Begriffe "DDR", "Ossi" und davor ein Minuszeichen auf ihren Unterlagen vermerkt habe, sei ein Verstoß gegen das AGG. "Wie soll man das sonst deuten?" Schon das Wort "Ossi" sei in diesem Zusammenhang nicht zulässig. "Und dann das 'Minus' davor", so Gabriela S. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich als 'Minus-Ossi' bezeichnen lassen muss. Ich lasse mir das nicht gefallen."
Gabriela S. bezweifelt die Argumentation des Geschäftsführers der Firma, das Wort "Ossi" sei positiv gemeint gewesen. "Ich kenne die Argumentation. Er hat uns sogar die Todesanzeige eines Kollegen mit DDR-Herkunft als Beleg dafür geschickt, dass die Leute bis zum Tod bei ihm bleiben dürfen. Und er sagt, er selbst habe die Anmerkungen gar nicht geschrieben, sondern seine Mitarbeiterin." Ihr gehe es nicht ums Geld, so Gabriela S., aber "man hat in solch einer Situation gar keine andere Möglichkeit, als die Firma auf diese Weise zu bestrafen. Nur wenn sie zahlen muss, tut es ihr weh", so Gabriela S. "Ich will, dass dieser Ossi-Wessi-Kram ein für alle Mal beendet wird."
Falls die Stuttgarter Richter S. Recht geben, könnte die Frau drei Monatsgehälter à 1600 Euro zugesprochen bekommen. Ein Gütetermin im Herbst war gescheitert. Der potentielle Arbeitgeber hatte sich geweigert, das Geld zu zahlen. Die Firma hatte sich in einer MDR-Sendung darauf berufen, dass es auch andere Gründe gegeben habe, Gabriela S. nicht einzustellen. Einzig die Notiz sei unglücklich gewesen. "Keine Frage - das war ein Fehler von uns, dass diese interne Notiz, die da drauf kam, das Haus verlassen hat", wurde der Geschäftsführer der Firma, Andreas R., auf der Homepage des Senders zitiert.