Appell an die Bundesregierung Dutzende Unternehmen fordern eine ambitioniertere Klimapolitik

Mehr Klimaschutz, auch in der Coronakrise: Mit diesem Appell haben sich fast 70 deutsche Firmen zum Auftakt des Petersberger Klimadialogs an die Politik gewandt - darunter Thyssenkrupp, Allianz, Otto und Bayer.
Svenja Schulze beim Auftakt zum 11. Petersberger Klimadialog

Svenja Schulze beim Auftakt zum 11. Petersberger Klimadialog

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Michael Kappeler/ DPA

Der internationale 11. Petersberger Klimadialog  hat zu Beginn seiner Tagung dazu aufgerufen, den Klimaschutz und den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zusammen zu denken. Die Beratungen von Klimaministern aus rund 30 Staaten, die sonst in Berlin stattgefunden hätten, werden wegen der Coronakrise als Videokonferenz abgehalten. Die Gestaltung der Wirtschaftsprogramme nach der Krise "wird darüber entscheiden, ob wir beim Klimaschutz wirklich vorankommen", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Auftakt.

Angesichts der Erfahrungen der Coronakrise sei es wichtig, "unsere Volkswirtschaften moderner und widerstandsfähiger zu machen", sagte die SPD-Politikerin. Statt die Nachfrage nach fossilen Verbrennungsmotoren anzukurbeln, müsse es jetzt beispielsweise darum gehen, "in emissionsfreie Mobilität zu investieren". Während gegen das Coronavirus noch nach einem Impfstoff gesucht werde, seien die notwendigen Mittel gegen die Klimakrise bekannt - "auf diese Investitionen sollten wir jetzt setzen".

Zum Auftakt der Beratungen haben fast 70 deutsche Unternehmen dazu aufgerufen, nach der Coronakrise "mit einem Klima-Konjunkturprogramm unsere Wirtschaft krisenfester zu machen". Gerade jetzt gehe es darum, "bei der Klimapolitik auf dem Erreichten aufzubauen und die Ausgestaltung und Umsetzung klimapolitischer Maßnahmen konsequent weiterzuführen", heißt es in dem Appell, den die Stiftung 2 Grad initiiert hat. Eine ähnliche Forderung hatten zuvor bereits 180 Politiker, Konzernchefs und Experten erhoben, um mit den geplanten Konjunkturhilfen ein nachhaltigeres Wohlstandsmodell zu stärken.

Zu den Unterzeichnern des aktuellen Aufrufs gehören 68 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, darunter Thyssenkrupp, Allianz, Bayer, E.on, Puma, Otto und Telekom. Zusammen beschäftigen sie nach eigenen Angaben in Deutschland knapp eine Million und weltweit mehr als drei Millionen Menschen und stehen für einen globalen Umsatz von etwa einer Billion Euro. Die Unternehmen fordern, eine ambitionierte Klimapolitik zum "zentralen Bestandteil"der Wirtschafts- und Industriepolitik nach der Coronakrise zu machen.

Schulze: "Der Klimaschutz darf nicht warten"

Der Petersberger Klimadialog dient traditionell der Vorbereitung der nächsten Uno-Klimakonferenz, die in diesem Fall allerdings wegen der Pandemie auf das kommende Jahr verschoben wurde. Umweltministerin Schulze sagte, trotz Verschiebung müssten die Staaten gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen noch in diesem Jahr aktualisierte Emissionsziele vorlegen. "Der Klimaschutz darf nicht warten."

Die Firmen sehen dabei auch die Bundesregierung in der Pflicht. In dem Appell rufen sie dazu auf, "wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Bewältigung der Corona- und der Klimakrise eng zu verzahnen sowie relevante Konjunktur- und Investitionsprogramme systematisch klimafreundlich auszurichten". Dazu gehöre auch, "sich dafür einzusetzen, dass alle Staaten spätestens bis zur nächsten Weltklimakonferenz ambitionierte Klimaziele in Übereinstimmung mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vorlegen". Es komme jetzt darauf an, "Krisenbewältigung und ambitionierte Klimapolitik zu vereinen".

Ministerin Schulze setzt sich dafür ein, das EU-Emissionsziel für 2030 von bisher 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß auf 50 bis 55 Prozent im Vergleich zu 1990 anzuheben. Dies entspricht auch Vorschlägen der EU-Kommission. "Ich finde wichtig, dass die EU in diesem Jahr ein klares Signal gibt", verlangte sie. Es müssten jetzt die Weichen gestellt werden, um wie vorgesehen bis Mitte des Jahrhunderts Treibhausgasneutralität zu erreichen.

"Was wir jetzt brauchen, ist eine Stärkung der Investitionskraft und klare Perspektiven", sagte der Chef der Thyssenkrupp-Stahlsparte, Bernhard Osburg, dem "Handelsblatt ", das zuvor über den Aufruf berichtet hatte. "Ein Klima-Konjunkturprogramm wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung." Der Aufsichtsratsvorsitzende der Otto Group, Michael Otto, teilte mit: "Klimaschutz als Modernisierungsprojekt für die Wirtschaft zu begreifen, kann jetzt eine wichtige Rolle zur Bewältigung der Folgen der Coronakrise spielen - und gleichzeitig dazu beitragen, tief greifende Auswirkungen der Klimakrise zu vermeiden."

"Die Unternehmen brauchen auch nach der Coronakrise Planungs- und Investitionssicherheit, denn sie haben damit begonnen, ihre Geschäftsmodelle klimafreundlich auszurichten", teilte Sabine Nallinger, Vorstand der Stiftung 2 Grad, mit.

apr/AFP
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