Finanzielle Entlastung für Angehörige Städtetag verlangt Ausgleich für Pflegeheimkosten
Kinder sollen in der Regel nicht mehr für Unterbringung und Verpflegung pflegebedürftiger Eltern aufkommen. Das hat der Bundestag entschieden. Doch für die Städte könnte das teuer werden.
Die gesetzliche Pflegeversicherung kommt nur für einen Teil der Pflegekosten auf. Mehr als die Hälfte müssen Betroffene oftmals für Unterkunft oder Verpflegung im Pflegeheim selbst tragen. Das kann teuer werden - denn bevor das Sozialamt einspringt, müssen bislang Angehörige zahlen.
Der Bundestag hat nun beschlossen, die Kinder pflegebedürftiger Menschen zu entlasten. Sie sollen, falls das Geld der pflegebedürftigen Eltern aufgebraucht ist, künftig erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro in die Pflicht genommen werden. Der Bundesrat muss noch zustimmen.
Auf die Städte kommen für diesen Eigenanteil bei der Pflege aber wohl hohe Mehrkosten zu, sie sind Träger der Sozialhilfe. Der Deutsche Städtetag rechnet mit jährlich 500 Millionen Euro. Der Verband fordert deshalb einen entsprechenden Ersatz.
Die Zahl pflegebedürftiger Menschen wird in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung stark ansteigen. Waren Anfang 2019 noch 3,4 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen, sollen es 2045 laut Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos fünf Millionen sein. Darüber, wer die steigenden Kosten im Zusammenhang mit der Pflege übernehmen soll, sind bereits seit Längerem verschiedene Modelle im Gespräch, von höheren Beiträgen zur Pflegeversicherung bis Steuergeld. Die Modelle betrafen aber nicht den bislang meist von Angehörigen getragenen Anteil für die Unterbringung in einem Pflegeheim.
Heimplatz kostet 1930 Euro pro Monat
Ein Ausgleich für diese künftig von den Städten zu übernehmenden Kosten sei gesetzlich bisher nicht vorgesehen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Nachgewiesene Mehrbelastungen müssten den Kommunen vollständig ausgeglichen werden. Es sei gut, "dass die Koalitionsfraktionen zusätzlich fordern, dass der Bund die Kostenentwicklung für die Kommunen bis 2025 evaluieren muss".
Dedy sagte dem RND, das Ziel des von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erarbeiteten Angehörigen-Entlastungsgesetzes sei richtig, weil es Kinder in der Pflege ihrer Eltern entlaste, aber auch Eltern bei der Pflege von Kindern. "Allerdings werden sich durch die neuen Einkommensgrenzen für Angehörige von 100.000 Euro Jahreseinkommen viel weniger Angehörige an den Pflegekosten beteiligen."
Die Städte erwarten, dass stationäre und ambulante Pflegeleistungen künftig durch die Kostenübernahme auch vermehrt nachgefragt werden. Lesen Sie zu den Folgen des Gesetzes hier die Analyse: Keine Angst mehr vorm Sozialamt.
Die Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen für einen Heimplatz stieg im Bundesschnitt zuletzt auf knapp 1930 Euro. Das waren gut 110 Euro mehr als ein Jahr zuvor, wie aus der Pflegedatenbank des Verbands der privaten Krankenversicherung hervorgeht. Bundesweit am höchsten sind die selbst zu zahlenden Beiträge in Nordrhein-Westfalen mit nun 2406 Euro. Am preiswertesten sind Heimplätze derzeit in Mecklenburg-Vorpommern, wo 1346 Euro selbst bezahlt werden müssen.
apr/dpa