Privatinsolvenz Nur acht Prozent schaffen den Sprung aus der Schuldenfalle

Die Bilanz der neuen Privatinsolvenz ist ernüchternd: Nur wenige Betroffene erreichen die Streichung ihrer Verbindlichkeiten. Dafür müssten sie in drei Jahren 35 Prozent ihrer Schulden tilgen - doch diese Hürde ist zu hoch.
Symbolbild

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Foto: Alexander Heinl/ dpa

Im Sommer 2014 hat der Gesetzgeber die Regeln für die sogenannte Privatinsolvenz vereinfacht. Die Idee: Überschuldete Verbraucher sollen schneller den Weg zurück in ein schuldenfreies Leben finden.

Nach drei Jahren fällt die erste Bilanz allerdings ernüchternd aus: Die Reform hilft ersten Daten zufolge bislang der Mehrheit der Betroffenen nicht. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Wirtschaftsberatung Crif Bürgel. Demnach gelang es bisher etwa acht Prozent der Menschen, die Privatinsolvenz anmelden mussten, sich für einen vorzeitigen Neustart nach drei Jahren Tilgung zu qualifizieren.

Die 2014 geschaffene Regelung sieht vor, dass das Verfahren von sechs auf drei Jahre verkürzt werden kann, sofern der Schuldner 35 Prozent seiner Schuld innerhalb von 36 Monaten tilgt, zuzüglich der Verfahrenskosten. Die Neuerung trat im Sommer 2014 in Kraft, im Zeitraum Juli bis Dezember 2017 kam sie also erstmals zur Anwendung.

Laut Crif Brügel meldeten von Anfang Juli bis Ende Dezember 2014 in Deutschland 49.642 Menschen Privatinsolvenz an. Davon erreichten 4111 Verbraucher innerhalb der Dreijahresfrist bis 2017 die Restschuldbefreiung.

"Die Quote von 35 Prozent ist deutlich zu hoch", kritisierte Christoph Niering, Vorsitzender des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID). Auch Verbraucherschützer hatten die aus ihrer Sicht zu hohen Hürden beklagt.

Warum junge Schuldner eher Erfolg haben

Häufiger als im Durchschnitt gelang jungen Menschen der vorzeitige Neustart ohne Schulden. Grund dafür ist allerdings vor allem die Tatsache, dass viele jüngere Erwachsene geringere Schuldenbeträge abzutragen haben. Die Verbindlichkeiten der unter 25-Jährigen, die in die Pleite rutschten, liegen Crif Bürgel zufolge im Schnitt bei knapp unter 10.000 Euro. "Bei 10.000 Euro Schulden reicht schon eine Rate von 125 Euro pro Monat, um innerhalb von drei Jahren die Quote von 35 Prozent und die Verfahrenskosten zu bezahlen", rechnete Niering vor. "Für junge Menschen mit einem Job ist das sehr häufig machbar."

Anders sieht es oft bei Älteren aus. Ihre Schulden sind meist deutlich höher, etwa wegen des Kaufs einer Immobilie. Verbraucher, die mit 61 Jahren und mehr Insolvenz anmelden mussten, sitzen Crif Bürgel zufolge im Schnitt auf Schulden von 43.000 Euro. Für sie ist es schwieriger, die Befreiung schon nach drei Jahren zu erreichen.

"Ältere oder gescheiterte Selbstständige, die meist viel höher verschuldet sind, profitieren kaum von der Reform", sagte Niering. "Denn schon bei 100.000 Euro Schulden müsste der Betroffene monatlich über 1000 Euro zahlen, um die Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung zu erfüllen. So viel haben die wenigsten zur Verfügung".

Die Mehrheit der insolventen Verbraucher steht Crif Bürgel zufolge vor allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften in der Kreide. Ausgewertet wurden Daten der Amtsgerichte.

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beb/dpa
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