Radikaler Schnitt Schwarz-Gelb will Solarförderung erneut kürzen

Solarzellenproduktion bei Bosch: Förderung könnte zum dritten Mal beschnitten werden
Foto: Michael Reichel/ picture alliance / dpaHamburg - Der Solarindustrie stehen schon wieder harte Zeiten bevor. Wie aus internen Papieren hervorgeht, die SPIEGEL ONLINE vorliegen, wollen Teile der CDU und FDP die Förderung für Sonnenstrom erneut zusammenstauchen. Es wäre das dritte Mal innerhalb von rund einem Jahr.
In einem internen Positionspapier der Liberalen vom 25. Mai ist davon die Rede, die Absenkung der Vergütung "deutlich zu verschärfen", um zu verhindern, dass zu viele neue Anlagen ans Netz gehen. Ein Koalitionsinsider sagte, die Förderung werde zum 1. Januar 2012 um bis zu 34 Prozent gesenkt - abhängig davon, wie viele Anlagen von Oktober 2010 bis September 2011 gebaut würden. Darauf habe sich die Arbeitsgruppe Energie von FDP und Union geeinigt. Offiziell wurde die Zahl nicht bestätigt.
Schon jetzt ist die Kürzung der Förderung vom Ausbau der Solaranlagen abhängig. Bis 3500 Megawatt sinkt die Förderung um neun Prozent. Gehen mehr Anlagen ans Netz, sinkt sie in 1000er-Schritten um je weitere drei Prozent. Maximal wird sie bei einem Ausbau von mehr als 7500 Megawatt um 24 Prozent gekürzt. Nun soll die Förderung in 1000er-Schritten um je fünf Prozent gekürzt werden, heißt es in Koalitionskreisen. Damit wäre bei einem Ausbau von 7500 Megawatt eine Absenkung um 34 Prozent möglich - zehn Prozentpunkte mehr als bisher.
Einen noch drastischeren Vorschlag hatte die Arbeitsgruppe Wirtschaft und Technologie der CDU gemacht. In ihrem Beschluss zu zahlreichen Energiethemen wird eine feste Obergrenze für die Solarförderung angeregt - ein sogenannter Deckel. Demnach sollen pro Jahr im begrenzten Rahmen Anlagen gefördert werden. Übersteigt der Ausbau 1800 Megawatt, wird die Förderung gestoppt und erst im darauffolgenden Jahr wieder aufgenommen. Der Vorschlag wurde der Arbeitsgruppe Energie von CDU und FDP am 26. Mai unterbreitet. Zuvor hatte sich schon der Sachverständigenrat für Umweltfragen für einen Deckel ausgesprochen.
FDP plädiert für Freiflächenanlagen auf Äckern
Grund für die immer neuen Förderkürzungen ist ein unerwartet starker Boom im Solarsektor. In den vergangenen zwei Jahren sind weit mehr Anlagen ans Netz gegangen als von der Regierung gewollt. Auch in diesem Jahr könnten brancheninternen Schätzungen zufolge doppelt so viele Anlagen zugebaut werden wie von der Politik angepeilt.
Während sich die Branche über reißenden Absatz freut, kommt der Boom die Verbraucher teuer zu stehen. Jeder, der Strom aus Sonne, Wind oder Biogas erzeugt und in die Netze einspeist, bekommt dafür Geld. Die Zeche zahlen alle deutschen Stromkunden gemeinsam - über Aufschläge auf ihre Rechnung, die sogenannte EEG-Umlage. Aktuell zahlen die Verbraucher 3,5 Cent pro Kilowattstunde. Gut die Hälfte der Umlage entfällt allein auf die Sonnenenergie - dabei deckt diese gerade mal zwei Prozent des deutschen Strombedarfs.
Hoffnung gibt es für Betreiber von Solarkraftwerken. Im internen FDP-Papier wird dafür plädiert, ein Bauverbot für Freiflächenanlagen auf Äckern aufzuheben. Solarkraftwerke produzieren schon jetzt deutlich günstiger Strom als Dachanlagen - Tendenz stark sinkend.
Branche in Aufruhr
Eine erneute Absenkung der Solarvergütung würde im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgeschrieben, das momentan novelliert wird. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2012 in Kraft. Im aktuellen Gesetzentwurf heißt es derzeit noch, dass bei der Solarförderung alles so bleibt wie bisher.
In der Branche herrschte am Freitag dennoch Nervosität. Der Bundesverband Solarwirtschaft warnte vor einer weiteren Absenkung der Vergütung. Diese könnte "den Markt abrupt und vollständig abwürgen", sagte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Solaraktien verloren an der Börse deutlich an Wert. Papiere vom Branchenprimus Solarworld sackten um fast zehn Prozent ab.
Der BSW-Solar hatte eine erneute Förderkürzung offenbar befürchtet. Der Verband hatte unlängst eine Großkampagne gestartet. Deren erklärtes Ziel ist es einem internen Konzept zufolge, "die anstehende EEG-Novelle kommunikativ zu begleiten und sie so im Sinne der deutschen Solarwirtschaft positiv zu beeinflussen". Einen sechsstelligen Betrag soll der Verband für die Kampagne investiert haben - möglicherweise vergebens.