Zahnarzt-Funktionäre Ministerium segnete Luxus-Rente ab

Als wären 240.000 Euro Jahresgehalt nicht genug: Die Vertreter der deutschen Kassenzahnärzte haben sich ein hohes Übergangsgeld genehmigt. Als das Gesundheitsministerium vor einer öffentlichen Debatte warnte, wurde der Großteil des Geldes prompt in ebenso üppige Rentenansprüche umgewandelt.
Zahnarzt bei der Behandlung: Jetzt wird's gleich ein bisschen teuer

Zahnarzt bei der Behandlung: Jetzt wird's gleich ein bisschen teuer

Foto: Patrick Pleul/ picture alliance / dpa

Hamburg - Noch bis 2005 waren die Funktionäre der Kassenzahnärzte ehrenamtlich tätig. Dann bekamen sie durch die Gesundheitsreform einen neuen Status als Hauptamtliche - und ein üppiges Gehalt. Rund 240.000 Euro pro Jahr erhalten der Chef der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Jürgen Fedderwitz, und seine beiden Stellvertreter Wolfgang Eßer und Günther Buchholz. Dienstwagen und Beiträge für die Altersversorgung kommen noch dazu.

Obendrauf sollen die Zahnärztechefs künftig auch noch ein üppiges Übergangsgeld erhalten, um den Schritt in den Ruhestand abzupolstern. Bis zu 30 Monatsgehälter waren ursprünglich geplant. Ausgehend von den aktuellen Vorstandsgehältern käme ein einzelner Funktionär so im Extremfall auf 626.587,50 Euro Übergangsgeld. Diese Summe nennt das Gesundheitsministerium in seiner Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Die KZBV vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Zahnärzte gegenüber der Politik und den Krankenkassen. Die Funktionäre regeln zudem den Zahlungsausgleich zwischen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder. Finanziert wird die KZBV durch Beiträge der Zahnärzte. Da diese aber zur Mitgliedschaft verpflichtet sind und die Beiträge als Kosten verbuchen, werden indirekt auch die Versicherten belastet. Denn die Zahnärzte nutzen steigende Kosten bei den Verhandlungen mit den Kassen als Argument, um höhere Leistungsabschlüsse zu erzielen.

Zuständig für die Kontrolle der KZBV ist das Gesundheitsministerium. Das heißt: Das Haus von FDP-Mann Daniel Bahr muss die Vorstandsverträge absegnen. Das Interessante war in diesem Fall aber, dass das Ministerium zwar die Brisanz der hohen Übergangsvergütung sah; statt nach einer billigeren Lösung zu suchen, versuchte man aber lieber gemeinsam mit den Funktionären, die fragliche Summe kleiner aussehen zu lassen.

In einem internen Schreiben  des Vorsitzenden der KZBV-Vertreterversammlung heißt es, das Ministerium habe eine Schmerzgrenze von zwölf Monatsgehältern. Alles darüber hinaus sei "als Übergangsentschädigung nicht akzeptabel". Der Grund wird auch genannt: Das Ministerium sehe sich "einer öffentlichen Diskussion" über Vorstandsgehälter gegenüber, man könne sich dem Druck nicht entziehen.

Das Ministerium hätte die KZBV nun auffordern können, das Übergangsgeld zu kürzen. Doch so weit wollte man nicht gehen. Stattdessen wurde die Idee geboren, 18 der 30 Monatsgehälter einfach in Rentenansprüche umzuwandeln. Das heißt: 40 Prozent des Geldes werden sofort ausgezahlt, der Rest fließt als Einmalzahlung in eine private Altersvorsorge. In der Antwort auf die Linken-Anfrage heißt es, damit werde ein Versorgungsanspruch von 8,2 Prozent des Festgehalts beim Vorstandschef und jeweils 8,75 Prozent bei seinen beiden Stellvertretern begründet.

"Bahr als Verbündeter der Zahnarztfunktionäre"

Martina Bunge, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, kritisiert, die Sache habe "mehr als einen schlechten Nachgeschmack": "Das Bahr-Ministerium tritt hier als Verbündeter der Zahnarztfunktionäre auf und hilft, eine öffentliche Diskussion über hohe Vorstandsgelder zu verhindern."

Tatsächlich erweckt die Umwandlung von Teilen des Übergangsgelds in Rentenansprüche den Eindruck, als solle hier eine allzu üppige Summe verschleiert werden. Das Ministerium weist das zurück. Die Altersversorgung entspreche jenen Leistungen, die andere Körperschaften gewähren, "und hätte daher mit aufsichtsrechtlichen Mitteln nicht untersagt werden können".

Doch für die KZBV-Vorstände erfolgen ohnehin schon Zahlungen in die berufsständische Altersvorsorge. Und zwar laut Bundesanzeiger in Höhe von knapp 40.000 Euro jährlich. Die umgewandelten Rentenansprüche sind also ein ordentlicher Bonus.

Was die Gespräche über das Übergangsgeld angeht, widersprechen sich die Angaben von Ministerium und KZBV. In der Antwort auf die Linken-Anfrage heißt es, es habe nur ein Gespräch stattgefunden, am 30. August. Der Kassenzahnarztvertreter schreibt in seinem Brief dagegen von "weiteren, überwiegend telefonisch geführten Verhandlungen". Darin seien verschiedene Modelle erörtert worden, wie das Geld "in andere Formen der Vergütungsleistungen bzw. von Versorgungsleistungen einbezogen werden könnten".

Weder das Ministerium noch die KZBV wollten sich zum Inhalt der Gespräche äußern. Diese seien vertraulich. Ein Ministeriumssprecher sagte, vor formalen Aufsichtsverfahren sei es "sinnvoll, Lösungen zu diskutieren, die zu einer Beseitigung der problematischen Regelungen führen". Die von der KZBV angepassten Verträge würden derzeit geprüft.

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