Rekord bei Schwarzarbeit "Die Wirtschaftsführer schaden der Steuermoral"

Der Umfang der Schwarzarbeit ist 2009 um mindestens fünf Milliarden Euro gewachsen - das hat der Ökonom Friedrich Schneider errechnet. Für 2010 erwartet der Experte einen neuen Rekord. Begründung: Die "Selbstbedienungsmentalität" der Manager springt auf die Bürger über.
Schwarzarbeitskontrolle am Bau: "Die Krise hat die Schattenwirtschaft angefeuert"

Schwarzarbeitskontrolle am Bau: "Die Krise hat die Schattenwirtschaft angefeuert"

Foto: dapd

Düsseldorf - Die Schwarzarbeit in Deutschland könnte 2010 ein weiteres Rekordhoch erreichen. "Die Krise hat die Schattenwirtschaft weiter angefeuert. Viele Arbeitnehmer haben insbesondere durch Kurzarbeit spürbare Einkommensverluste erlitten, die sie kompensieren mussten", sagte der Linzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider der "Wirtschaftswoche".

Auch hätten die Menschen mehr Zeit für Nebenbei-Arbeit gehabt: "Dadurch dürfte die Schwarzarbeit 2009 um fünf bis sechs Milliarden Euro gestiegen sein auf insgesamt rund 253 Milliarden Euro." Für 2010 erwartet Schneider wegen steigender Arbeitslosenzahlen eine weitere Zunahme um fünf bis acht Milliarden Euro.

Mitverantwortung für die geringe Steuerehrlichkeit tragen Schneider zufolge auch die Verfehlungen von Bankern und Managern: "Die Selbstbedienungsmentalität vieler Wirtschaftsführer hat der Steuermoral im Land nachhaltig geschadet. Die Leute haben das Gefühl, die Schuldigen für das ganze Desaster kommen ungeschoren davon, während sie selber wegen am Wochenende verlegter Fliesen oder einer illegalen Putzfrau kriminalisiert werden."

Schneider sieht allerdings auch ökonomische Vorteile der Schwarzarbeit. "Hier erfolgt ja durchaus eine Wertschöpfung." Natürlich würden durch Schwarzarbeit Steuern und Sozialabgaben hinterzogen, was Fiskus und Sozialkassen zwischen 20 und 25 Milliarden Euro jährlich koste. "Aber das schwarz verdiente Geld, das der Arbeitnehmer sonst nicht hätte, wandert nicht aufs Sparbuch, sondern wird wieder ausgegeben", sagte Schneider. "Das ist ein schönes Konjunkturprogramm und hat den Konsum 2009 stabilisiert."

Um die Schwarzarbeit zu senken, empfiehlt Schneider der Regierung, die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen zu verbessern. Zudem schlägt der Ökonom vor, für ein Jahr die Mehrwertsteuer auf bestimmte Bauleistungen wie etwa Altbausanierungen aufzuheben. "Dann würde in Deutschland die Post abgehen - ganz offiziell."

wal/apn

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten