Duales System Deutschland Müllriese Remondis greift nach gelbem Sack

Als Bürger kennt man die gewaltige Maschinerie des Dualen System Deutschland (DSD) vor allem von den gelben Säcken, in die man Verpackungsmüll mit dem Grünen Punkt hineinschmeißt. Die Säcke liegen oft wochenlang herum und fangen an zu stinken, bevor sie an die Straße gelegt werden.
Von den Kosten dieses Systems spüren die Bürger nicht viel. Dabei zahlen auch sie für das milliardenteure Verfahren, wenn auch indirekt. Die Hersteller der Waren, deren Hülle in die gelben Säcke kommen, müssen nämlich Gebühren an das Duale System entrichten - und schlagen diese gern auf den Warenpreis drauf.
Das ist auch der Grund, warum Kommunalverbände und Verbraucherschützer mit Argwohn beobachten, was sich derzeit auf dem verschwiegenen Markt der Abfallunternehmen tut. Eine riesige Übernahme steht nach SPIEGEL-Informationen an: Der Branchenriese Remondis aus Lünen will DSD schlucken. Die Kaufverträge sind geschrieben - ob sie auch unterschrieben sind, mögen die Beteiligten nicht bestätigen. Jedenfalls sorgt das Thema derzeit für heftige Diskussionen in der Entsorgungsindustrie.
Brüssel soll den Deal abnicken
Schon seit mehr als einem Jahr gibt es ein Hin und Her bei der geplanten Großfusion. Im vergangenen Jahr scheiterte sie, vermutlich an Widerständen der deutschen Kartellbehörden. Doch aufgegeben haben die Remondis-Manager nicht. Im März kam dann die erneute Absage, diesmal durch die beiden Haupteigentümer der DSD Holding, die Beteiligungsgesellschaften H.I.G. Capital und Blue Bay. Grund sollen wiederum kartellrechtliche Risiken gewesen sein.
Jetzt scheint es einen weiteren Anlauf zu geben, und zwar mit einem neuen Trick. Statt des Kartellamts in Bonn sollen nun die europäischen Wettbewerbshüter den Deal abnicken. Das Kalkül ist möglicherweise, dass die Brüsseler Beamten nicht so tief in den deutschen Entsorgungsmarkt hineinblicken und das Geschäft durchwinken.
Dabei ist der Widerstand gegen eine solche Marktkonzentration groß. Es droht eine noch nie da gewesene Machtballung in der Entsorgungswirtschaft. "Die Verhältnisse würden komplett neu gemischt, und zwar in einer Weise, wie es dem Markt nicht guttut", klagte der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Patrick Hasenkamp, bereits vergangenes Jahr im SPIEGEL über die Absichten von Remondis.
Seine Organisation befürchtet steigende Preise für die Lizenzgebühren, die der Einzelhandel für die Verpackungsentsorgung an das Duale System Deutschland abführen muss. "Die Kosten würden versteckt an die Käufer weitergegeben. Am Ende zahlt der Verbraucher drauf", so Hasenkamp damals. Der VKU behält diese Ansichten auch für die aktuelle Situation aufrecht.
Ein Sprecher von Remondis wollte sich auf Anfrage des SPIEGEL nicht äußern. Man kommentiere keine Marktgerüchte, hieß es.
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