Rettungspaket Griechenland braucht bis zu 135 Milliarden Euro

Kanzlerin Merkel: Welche Belastungen kommen auf Deutschland zu?
Foto: TOBIAS SCHWARZ/ REUTERSBerlin - Das Griechenland-Hilfspaket der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat nach Angaben von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) binnen drei Jahren ein Volumen von 135 Milliarden Euro. Die jährliche Belastung für Deutschland liege aktuell bei 8,4 Milliarden Euro. Auf Europa entfielen jährlich 30 Milliarden Euro, auf den IWF 15 Milliarden Euro.
Die Risiken könnten aber weit größer sein: "Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird", sagte er während einer Brasilien-Reise in Sao Paulo. Derzeit werde geprüft, ob griechische Anleihen gekauft oder über die Staatsbank KfW mit Bundesbürgschaften abgesicherte Kredite vergeben werden. Es zeichne sich die KfW-Lösung ab.
Zuvor hatte schon die Opposition klargemacht, dass der griechische Staat binnen drei Jahren auf Finanzhilfen von bis zu 120 Milliarden Euro angewiesen sein werde. Diese Zahl nannten SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, nachdem sie Jean-Claude Trichet und Dominique Strauss-Kahn getroffen hatten, die Chefs von Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds.
Die 45 Milliarden Euro an Kredithilfen in diesem Jahr seien nur der Anfang, sagte Trittin. Es gehe am Ende um einen Konsolidierungsbedarf in einer Größenordnung zwischen 100 und 120 Milliarden Euro. Oppermann sagte, für Deutschland gehe es dann nicht wie bisher erwartet um 8,4 Milliarden Euro, sondern um einen Betrag von bis zu 25 Milliarden Euro. Die Situation sei "dramatisch, aber nicht unkontrollierbar".
Merkel weist Vorwurf der Zögerlichkeit zurück
Trittin erhob schwere Vorwürfe gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU): "Das Zögern und Zaudern der Europäischen Union, angestiftet durch die Bundeskanzlerin, hat die Krise verschärft und den Konsolidierungsbedarf in die Höhe getrieben." Jetzt müsse rasch gehandelt werden. Die EU habe nach Einschätzung des IWF viel zu lange mit dem Krisenmanagement gewartet, sagte SPD-Politiker Oppermann nach der Unterrichtung durch IWF-Chef Strauss-Kahn.
Kanzlerin Angela Merkel ließ den Oppositionsvorwurf der Zögerlichkeit zurückweisen. "Die Bundeskanzlerin hat von Anfang an gemeinsam mit den Kollegen der Euro-Gruppe ein klares Vorgehen abgesteckt", sagte Vize-Regierungssprecherin Sabine Heimbach. Merkels Handlungsweise sei "absolut klar und kongruent in ihrem Vorgehen". Es habe "immer die feste Zusage" der Kanzlerin gegeben, Griechenland unter bestimmten Voraussetzungen zu helfen. Damit wies Merkels Sprecherin auch immer wieder geäußerte Kritik aus dem Ausland an der deutschen Rolle zurück.
Innenpolitisch geht es jetzt darum, wann der Bundestag das Hilfspaket für Griechenland beschließen kann und ob die Opposition ein beschleunigtes Verfahren zulässt. Oppermann sagte, er könne sich nicht vorstellen, "dass der Bundestag zustimmt ohne durchgreifende Maßnahmen auf den Devisen- und Finanzmärkten". Er gehe davon aus, dass auch andere Fraktionen im Bundestag "keinem Blankoscheck" zustimmen und so andere animieren, es dem Beispiel Griechenlands gleichzutun. EZB und IWF dagegen forderten den Bundestag eindringlich zur raschen Freigabe der Hilfen auf. Das Vertrauen der Euro-Zone stehe auf dem Spiel, und jeder Tag Verzögerung verschlechtere die Situation, sagte Strauss-Kahn. Trichet fügte hinzu, eine rasche Entscheidung des Bundestages sei dringend erforderlich.
Die Fraktion der Linken wird allerdings voraussichtlich gegen den deutschen Beitrag für ein Griechenland-Hilfspaket stimmen. Das deutete die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch. "Für uns ist die entscheidende Frage, dass die Lasten nicht auf den Steuerzahler abgewälzt werden, sondern dass endlich verbindlich auch geklärt wird, dass die privaten Gläubiger mit an den Tisch geholt werden und in das Rettungspaket einbezogen werden."
Merkel will vor weiteren Schritten die IWF-Verhandlungen abwarten
IWF und EZB setzen auch Griechenland massiv unter Druck, zur Abwendung der Staatspleite schnell ein Drei-Jahres-Sparpaket zu schnüren. Es sei extrem wichtig, dass die Gespräche in Athen innerhalb der nächsten Tage beendet würden, sagte Trichet. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass es ein "sehr gutes Ende" geben werde. Danach sei eine schnelle Entscheidung über die internationale Griechenlandhilfe "absolut notwendig". Bis zum 19. Mai muss Griechenland 8,5 Milliarden auftreiben, um auslaufende Staatsanleihen abzulösen.
Bundeskanzlerin Merkel will vor weiteren Entscheidungen zur Finanzkrise die Ergebnisse der direkten Verhandlungen des IWF mit dem Land über ein Sanierungsprogramm abwarten. "Wir haben jetzt im Augenblick erst einmal die Phase, dass der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission mit Griechenland ein Programm ausarbeiten müssen", sagte Merkel. "Ich hoffe, dass das bis zum Ende der Woche geschieht. Davon hängt dann alles Weitere ab", sagte Merkel.
Das Bundeskabinett will frühestens am Montag den Gesetzentwurf für die deutsche Griechenland-Hilfe beschließen. Die Sprecherin des Finanzministeriums, Jeanette Schwamberger, sagte am Mittwoch in Berlin, der Entwurf solle am Montag ins Kabinett, damit am 7. Mai die Beratungen im Bundesrat abgeschlossen werden könnten.