Schuldenkrise Rating-Agentur stuft Ungarn auf Ramschstatus herab

Das nächste europäische Land gerät in den Strudel der Schuldenkrise: Die Rating-Agentur Moody's hat Ungarns Kreditwürdigkeit auf Ramschniveau gesenkt. Selbst mit einem Hilferuf an den Internationalen Währungsfonds konnte die Regierung die Abwertung nicht verhindern.
Ungarische Händlerin: Landeswährung Forint verliert deutlich an Wert

Ungarische Händlerin: Landeswährung Forint verliert deutlich an Wert

Foto: BERNADETT SZABO/ REUTERS

Budapest - Harter Rückschlag für Ungarn: Die Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit des Landes auf Ramschstatus heruntergestuft. So werden in Finanzbranche Rating-Noten unterhalb von "BBB" genannt. Der Schritt sei notwendig geworden, teilten die Bonitätswächter am Donnerstag mit, wegen der hohen Staatsverschuldung und einer gestiegenen Unsicherheit, ob das Land seine Haushaltsziele erreiche. Der Ausblick sei weiterhin negativ.

Ungarn ist kein Mitglied der Euro-Zone, aber seit 2004 Teil der Europäischen Union. Die Rating-Agenturen hatten die Herabstufung bereits angedroht, nachdem die Staatsverschuldung in einem Quartal von 75 auf 82 Prozent der Wirtschaftsleistung anwuchs. Die Landeswährung Forint verlor zuletzt massiv an Wert. Für einen Euro gibt es derzeit rund 312 Forint, vor drei Monaten waren es nur 270 Forint.

Für das Land dürfte es nun deutlich teurer werden, neue Schulden aufzunehmen. Selbst ein verzweifelter Hilferuf brachte nichts mehr: Vor einer Woche wandte Ungarn sich an die EU-Kommission und den Internationalen Währungsfonds (IWF) - mit der Bitte um Finanzhilfen. Die Regierung hoffte, damit der Abwertung durch die Rating-Agenturen zu entgehen. Schon 2008 mussten IWF und EU das Land mit 20 Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott retten.

Die ungarische Regierung bezeichnete die Abstufung der Kreditwürdigkeit als unbegründet und als "spekulativen Angriff". "Da die Bewertung durch Moody's keine reale Grundlage hat, kann die ungarische Regierung sie nur als Teil eines finanziellen Angriffs interpretieren", teilte das Wirtschaftsministerium mit.

Niederländer für stärkere Rolle der EZB

Unter den Regierungen der Euro-Zone herrscht derweil weiter Streit über mögliche Wege aus der Krise: Euro-Bonds, also gemeinschaftliche Anleihen, lehnt Deutschland zumindest zum jetzigen Zeitpunkt vehement ab. Auch ein stärkeres Engagement der Europäischen Zentralbank (EZB) stößt in der Bundesregierung nicht auf Zustimmung.

Mit dieser Haltung steht Kanzlerin Angela Merkel jedoch immer einsamer da. Nun haben auch die Niederländer eine aktivere Rolle der EZB als denkbar bezeichnet: "In einer Krise sollte nichts von vornherein ausgeschlossen werden" sagte Finanzminister Jan Kees De Jager laut niederländischer Nachrichtenagentur ANP am Donnerstag im Parlament. "Am Ende muss etwas passieren."

Notenbanker weisen Rolle als Retter zurück

Damit würde sich die niederländische Regierung von der deutschen Position entfernen. Regierungsvertreter der Niederlande, Deutschlands und Finnlands beraten am Freitag die Situation in Griechenland und die nächste Tranche aus dem Rettungspaket für das hoch verschuldete Land.

De Jager wollte von einer Meinungsverschiedenheit mit der deutschen Regierung jedoch nichts wissen: "Was die EZB betrifft ist unsere Position der deutschen sehr nah, oder fast gleich", sagte der Finanzminister.

Die EZB hat bereits für fast 200 Milliarden Euro Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder aufgekauft, wehrt sich aber gegen die Rolle als Kreditgeber der letzten Instanz: "Die Regierungen der Euro-Länder können nicht erwarten, dass die EZB öffentlich Defizite finanziert", sagte Jose Manuel Gonzales-Paramo, Mitglied des Direktoriums der Zentralbank.

cte/Reuters/dapd
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