Schuldenkrise Schäuble knöpft sich Griechenland vor
Die griechische Schuldenkrise spitzt sich zu, Athen bangt um die nächsten Hilfsmilliarden. Ministerpräsident Papandreou hat seine US-Reise abgesagt, jetzt schaltet sich Finanzminister Schäuble ein. Mit deutlichen Worten mahnt er, das Sparprogramm durchzuziehen - sonst wird der Geldhahn zugedreht.
Berlin/Athen - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Griechenland aufgefordert, um seinen Verbleib in der Euro-Zone zu kämpfen. "Die Mitgliedschaft in einer Währungsunion ist Chance, aber auch schwere Bürde", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag" (BamS). "Die Anpassungsmaßnahmen sind sehr hart. Die Griechen müssen wissen, ob sie diese Last auf ihren Schultern tragen wollen", mahnte Schäuble.
Nun hänge es ganz allein von dem Land selbst ab, ob es weitere Hilfen von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds ( IWF) bekommt. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank ( EZB) und IWF werde feststellen, ob die Regierung in Athen ihren Sparverpflichtungen nachgekommen ist. "Deshalb müssen die Griechen Zahlen vorweisen können, die belegen, dass sie im Plan sind", sagte Schäuble. Nur dann könne die nächste milliardenschwere Hilfstranche ausgezahlt werden. "Niemand sollte sich Illusionen machen", warnte der CDU-Politiker.
Über die Auszahlung der nächsten Kredite in Höhe von acht Milliarden Euro wollen die Euro-Finanzminister erst bei ihrer kommenden Sitzung Anfang Oktober entscheiden. Der Termin für die Auszahlung wurde auf den 14. Oktober verschoben. Ohne die Auszahlung der Tranche aus dem 110 Milliarden Euro großen ersten Rettungspaket für Griechenland droht dem Staat die Pleite.
In Athen steigt offenbar die Furcht, dass die nächste Geldspritze blockiert werden könnte. Ministerpräsident Georgios Papandreou hat seine geplante USA-Reise kurzfristig abgesagt. Er werde in Griechenland bleiben, um sich auf die Finanzpolitik zu konzentrieren, sagte sein Sprecher am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Er will sicherstellen, dass Griechenland seine Verpflichtungen erfüllt", hieß es.
Papandreou sollte unter anderem am Sonntag in New York mit Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon sprechen und sich am Dienstag mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, treffen. Er war bereits auf dem Weg in die USA, kehrte jedoch aus London nach Athen zurück. Finanzminister Evangelos Venizelos wies neue Spekulationen als "lächerlich" zurück, wonach das überschuldete Land bankrott sei. Papandreou habe die Reise abgesagt, weil wichtige Entscheidungen getroffen werden müssten, erklärte er. Die konservative Oppositionspartei New Democracy forderte angesichts der Verschärfung der Krise vorgezogene Neuwahlen.
Frisches Geld für griechische Banken
Einem Zeitungsbericht zufolge will die griechische Regierung jetzt das Bankensystem des Landes mit Kreditgarantien im Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro versorgen. Damit solle bei den überschuldeten Geldhäusern der Liquiditätsengpass abgemildert werden, berichtet die griechische Zeitung "Kathimerini" am Samstag. In den kommenden Tagen solle ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht werden, um das neue Liquiditätspaket sofort aktivieren zu können.
Die Institute könnten dann die vor kurzem aufgelegte Notkreditlinie der griechischen Zentralbank anzapfen. Griechenlands Banken stehen derzeit wegen der Schuldenkrise des Landes massiv unter Druck und kommen sehr schwer auf dem freien Geldmarkt an frische Mittel. Sie stehen deshalb bereits bei der EZB mit mehr als 100 Milliarden Euro in der Kreide.
In Deutschland geht die Debatte über die Hilfen für Griechenland und andere überschuldete Euro-Staaten weiter. CSU-Chef Horst Seehofer hält es entgegen den massiven Bedenken von Bundeskanzlerin Angela Merkel für denkbar, dass Athen den Euro aufgibt. Zwar wünsche er sich den Erfolg der Rettungsbemühungen, sagte Seehofer dem SPIEGEL. "Aber wenn die griechische Regierung und das Parlament diesen Weg nicht mehr gehen wollen oder können, dann sollten wir nicht darauf warten, bis uns die Finanzmärkte zur Einsicht in die Realität zwingen. Dann muss auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone denkbar sein."
Schäuble: Eigene Mehrheit nicht unbedingt notwendig
Mit Blick auf die anstehende Abstimmung über die die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms im Bundestag in der kommenden Woche sagte Finanzminister Schäuble der "BamS", er sehe kein Problem darin, wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung eine eigene Mehrheit verfehlen sollte. "Union und FDP verfügen über eine hinreichend große Mehrheit, um es auch ohne Stimmen aus der Opposition zu schaffen. Aber selbst wenn es anders kommt, wäre das nicht sonderlich aufregend. Denn bei Abstimmungen mit einer so großen Mehrheit ist die Disziplin nicht so stark ausgeprägt", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".
Schäuble sagte weiter: "Die Mehrheit im Bundestag für die Ausweitung des Rettungsschirms ist so eindeutig, dass die Abstimmung darüber völlig unspannend sein wird." Der Minister billigt den Abgeordneten zu, in einem Ja oder Nein zum Euro-Rettungsschirm eine Gewissensfrage zu sehen.
suc/Reuters/dapd