Volksabstimmung in der Schweiz Eine Frage des Goldes

Die Schweiz hat pro Kopf die größten Goldreserven, doch das reicht vielen Eidgenossen nicht. Per Volksabstimmung soll der Bestand nun verdreifacht werden, die Chancen stehen gut. Bei einem Ja könnte der Weltmarktpreis explodieren.
Schweizer Frankenmünze und Goldbarren: Die Schweizer Bürger entscheiden

Schweizer Frankenmünze und Goldbarren: Die Schweizer Bürger entscheiden

Foto: LEONHARD FOEGER/ REUTERS

Zürich - Goldhändler haben sich den letzten Novembersonntag im Kalender vorgemerkt. Er könnte sich als ein Tag erweisen, den die Edelmetallbranche nicht so schnell vergisst. Unter dem Motto "Rettet unser Schweizer Gold - Volksvermögen schützen"  sind fünf Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, darüber abzustimmen, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Goldreserven auf 20 Prozent aller Aktiva aufstocken soll - das wäre fast eine Verdreifachung. Außerdem soll die Notenbank gezwungen werden, sämtliche Goldbestände aus dem Ausland heimzuholen und künftig kein Gold mehr zu verkaufen.

Mit einem mehrheitlichen Ja würden die Eidgenossen nach Überzeugung von Experten den Weltmarktpreis für das Edelmetall nach oben treiben. Die SNB wäre nämlich gezwungen, in den kommenden fünf Jahren rund 1800 Tonnen Gold aufzukaufen. "Diese Menge entspricht 67 Prozent der jährlichen globalen Goldförderung", rechnete die "Neue Zürcher Zeitung" vor und warnte: "Der Goldpreis würde sofort anziehen."

Hohe Goldreserven, so behaupten die Initiatoren um den Politiker Lukas Reimann von der national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), seien immer noch das "Fundament jeder stabilen Währung".

Zugleich schüren die Goldfreunde Ängste: "Die USA und die EU sind drauf und dran, Dollar und Euro in den Boden zu wirtschaften." Das bedrohe auch die Schweiz. "Je größer die Risiken, desto wichtiger ein ausreichender Gold-Notvorrat!"

Der Schweizer Franken gewinnt an Wert

Die Chancen für die Initiative stehen gar nicht schlecht. Bei einer repräsentativen Umfrage des Instituts Gfs.Bern gaben Ende Oktober 44 Prozent der Teilnehmer an, mit Ja zu stimmen. Nur 39 Prozent sagten Nein. Dabei hatten sich Regierung, Parlament und fast die gesamte Wirtschaft gegen die Initiative ausgesprochen.

"Sie ist gut gemeint, aber sie basiert auf einem grundlegenden Denkfehler", sagte SNB-Chef Thomas Jordan im Fernsehen. Die Nationalbank würde durch eine derartige Gold-Fixierung nicht mehr flexibel genug auf eine neue Finanzkrise reagieren können.

Allein die Möglichkeit, dass die Schweizer trotzdem zustimmen, hat den Franken erneut unter starken Aufwertungsdruck gesetzt. Der Euro sank gegenüber der Schweizer Währung auf die von der SNB als Untergrenze verkündete Marke von 1,20. Hält die hohe Nachfrage nach Franken an, muss die Notenbank erneut Milliarden für Euro-Käufe aufwenden, um eine Verteuerung der Landeswährung zu verhindern und so die eigene Exportwirtschaft zu schützen.

Sollte die Initiative durchkommen, müsste die SNB obendrein bei Devisenkäufen stets entsprechend Gold dazukaufen, um den 20-Prozent-Anteil halten zu können. Doch ob solche Sachargumente bei den Wählern ziehen?

Gold löse bei vielen Menschen immer noch "unüberlegte und irrationale Reaktionen aus", sagte Sergio Rossi, Professor für monetäre Makroökonomie, der Schweizer Nachrichtenagentur SDA.

Auch Deutschland hat Gold nach Hause geholt

Das wäre vermutlich kaum anders, wenn die Deutschen per Referendum über ihre staatlichen Goldreserven entscheiden dürften. Gemessen an der Bevölkerung liegt Deutschland mit 41 Kilogramm auf 1000 Einwohner zwar weit hinter der Schweiz, die über die weltweit größten Pro-Kopf-Goldreserven verfügt (130 Kilo auf 1000 Einwohner). In Deutschland geht es jedoch ebenso emotional zu, wenn es um das Gold geht: "Holt unser Gold heim!", fordert etwa eine Gruppe von Ökonomen, Bankern und Politikern.

Wie die deutschen Goldreserven sind auch die der Schweiz international verteilt. 20 Prozent der zurzeit 1040 Tonnen lagern bei der Bank of England, 30 Prozent bei der kanadischen Zentralbank. Kommt die Goldinitiative durch, müssten künftig sämtliche Vorräte im Alpenland gebunkert werden.

Von den 3387 Tonnen der Bundesbank - absolut der zweitgrößte Goldschatz nach dem der USA - lagern mehr als 40 Prozent bei der US-Notenbank, 13 Prozent in London und elf Prozent in Paris. Auf Druck der Politik, aber auch des Bundesrechnungshofs, muss die Bundesbank bereits Tausende Barren heimholen.

Aus gutem Grund soll aber insgesamt nicht mehr als die Hälfte der deutschen Bestände in der Bundesrepublik gelagert werden. Es sei wichtig - so Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele -, Gold an internationalen Handelsplätzen für Edelmetall zu halten, um es "im Fall der Fälle" rasch als Währungsreserve verfügbar zu haben.

Thomas Burmeister, dpa
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