Staatsverschuldung Gabriel stellt Schäubles Spardiktat infrage

SPD-Chef Gabriel (Archiv)
Foto: Bodo Schackow/ dpaIn der Großen Koalition bahnt sich Streit über die europäische Finanzpolitik an. Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich in einer Rede gegen eine rigide Sparpolitik zur Einhaltung bestimmter Defizitziele in Europa gewandt - und damit auch gegen den Kurs, den Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) seit Jahren verfechten.
Manchmal müsse man sich schon die Frage stellen, ob der politische Schaden der Sparpolitik nicht schwerer wiege als die Einhaltung von Prinzipien, sagte Gabriel am Dienstag vor der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Er glaube zwar nicht, dass sich mit Schulden alle Probleme lösen ließen. "Ich bin nicht der Befürworter einer grenzenlosen Staatsverschuldung", sagte Gabriel.
Andererseits könnten aber bei der Bewertung von Defiziten auch die Reformen mitberücksichtigt werden, die ein Land eingeleitet habe. Das immer weitere Anziehen der Sparschraube helfe in vielen Fällen den jeweiligen Ländern nicht weiter.
Schäuble und Merkel hatten hingegen in der Vergangenheit immer wieder Haushaltsdisziplin gefordert. Widerstand dagegen kommt vor allem aus Südeuropa. Laut Prognosen der EU-Kommission könnten die Staatshaushalte von Belgien, Finnland, Italien, Litauen, Slowenien und Zypern im kommenden Jahr über der verbindlichen Defizitgrenze liegen.
Vor allem für Italien wird es schwierig: Das Land rechnet für das Jahr 2017 mit einer Neuverschuldung von 2,3 Prozent - mit Brüssel waren Anfang des Jahres allerdings noch 1,8 Prozent vereinbart worden.
Zwar gilt nach den Maastricht-Kriterien eine Neuverschuldungsobergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Doch für Italien bestehen aufgrund der hohen Gesamtverschuldung des Landes strengere Auflagen.
Italiens Premierminister Matteo Renzi hatte in Brüssel wiederholt mehr Spielraum für Staatsausgaben gefordert.