Streit um Solarzölle EU-Kommissar wirft China Spaltversuch vor

Solarzellen in China: Streit um Strafzölle offenbar eingedämmt
Foto: CHINA DAILY/ REUTERSBrüssel - Im drohenden Handelsstreit zwischen der EU und China stehen die Zeichen auf Entschärfung: Nachdem am Montag bekannt wurde, dass die Mehrheit der EU-Länder Strafzölle auf chinesische Solarmodule ablehnt, schlägt nun auch der Verhandlungsführer der Kommission moderatere Töne an.
Karel De Gucht habe "klar gesagt, dass er bereit ist, eine Lösung über den Solarmodule-Fall auszuhandeln", sagte sein Sprecher. Der EU-Handelskommissar habe dies am Montag bei einem Treffen mit dem chinesischen Vizehandelsminister Zhong Shan betont.
Gleichzeitig erhebt die EU-Kommission aber auch schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Peking. Sie habe in den vergangenen Tagen Druck auf einzelne Mitgliedsländer ausgeübt, um Strafzölle zu verhindern, sagte De Guchts Sprecher am Montag. Ziel sei es, die europäische Staatengemeinschaft zu spalten.
Die Vorwürfe sind ein diplomatischer Affront gegen China. Die Frage ist allerdings, ob sie irgendeine Konsequenz haben werden - oder ob sie in erster Linie eine gesichtswahrende Maßnahme sind, damit De Gucht im Falle eines Einlenkens besser dasteht.
Breiter Widerstand
Der Handelskommissar hatte sich besonders stark für die Strafzölle engagiert. Er wollte bis zum 6. Juni einen vorläufigen Strafzoll von durchschnittlich 47 Prozent auf chinesische Solarmodule einführen. Möglich ist das nach wie vor: De Gucht kann sich zunächst über den Widerstand der EU-Staaten hinwegsetzen. Erst wenn die EU-Kommission den Zoll nach sechs Monaten endgültig verhängen will, braucht sie die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten.
Der massive Widerstand gegen die Initiative stellt jedoch die Legitimität der Strafzölle in Frage. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen lehnen 17 der 27 EU-Mitglieder die Sanktionspläne der Kommission ab. Entsprechende Voten kamen nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen unter anderem aus Osteuropa, Skandinavien, Großbritannien.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hatten nach einem Treffen mit Chinas neuem Premierminister Li Keqiang betont,eine Verhandlungslösung zu bevorzugen. Ohne Unterstützung Deutschlands, des größten EU-Mitgliedstaats, dürfte es für die EU-Kommission schwierig sein, Strafzölle durchzusetzen.
Branchenkenner sahen in der Ankündigung der Zölle stets auch verhandlungstaktische Gründe: Sie deuteten sie als Versuch der EU-Kommission, die eigene Position gegenüber China zu stärken. Gleichzeitig gab es Befürchtungen, dass der Streit außer Kontrolle geraten und in einen Handelskrieg münden könnte.
De Gucht könnte USA einbinden
Der Streit war zuletzt eskaliert. Brüssel hatte auch Anti-Dumping-Ermittlungen gegen chinesische Telekommunikationsausrüster angekündigt, um europäische Netzwerkbauer gegen Billigangebote zu schützen. China drohte daraufhin seinerseits mit Sanktionen.
Der Streit verdeutlicht, wie sehr die EU bei Verhandlungen mit China in der Zwickmühle steckt. Einerseits will sie heimische Unternehmen vor billigen Importen schützen, andererseits ist sie als Exportmacht auf China angewiesen.
De Gucht will nun prüfen, ob die EU eine Verhandlungslösung mit China erreichen kann. Er kann sich dabei auch vorstellen, mit den USA zusammenzuarbeiten. Diese haben bereits Strafzölle auf chinesische Solarmodule erhoben.