David Böcking

Unlogischer Steuerzuschlag Schluss mit dem Soli-Prinzip!

Der Solidaritätszuschlag wird nicht komplett abgeschafft, obwohl sich seine Begründung längst überholt hat. Das Prinzip ist nicht neu, aber dennoch falsch - auch mit Blick auf den Klimaschutz.
Brandenburger Tor, Symbol der deutschen Einheit: Um deren Kosten zu finanzieren, wurde einst der Soli eingeführt - und nicht wieder abgeschafft

Brandenburger Tor, Symbol der deutschen Einheit: Um deren Kosten zu finanzieren, wurde einst der Soli eingeführt - und nicht wieder abgeschafft

Foto: Michael Zwahlen / EyeEm/ Getty Images/EyeEm

Der Solidaritätszuschlag soll weitgehend abgeschafft werden, so sieht es der Gesetzentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor. Aus Sicht der meisten Steuerzahler ist das eine gute Nachricht. Für 90 Prozent von ihnen soll der 5,5-prozentige Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer komplett wegfallen.

Für die verbleibenden zehn Prozent gilt derzeit mit Blick auf den Soli: Niemals geht er so ganz. Sie werden teilweise entlastet, doch ab einem Bruttoeinkommen von gut 109.000 (für unverheiratete Arbeitnehmer) Euro soll der Soli dann weiter in voller Höhe fällig werden.

Wer so gut verdient, der kann verkraften, dass Scholz den Soli nicht komplett streicht. Zwar steuern die oberen zehn Prozent mehr als die Hälfte der zuletzt knapp 19 Milliarden Euro an Soli-Einnahmen bei. Doch dass die Belastung mit den Einkommen steigt, ist im deutschen Steuersystem so vorgesehen.

Problematisch ist die geplante Teilabschaffung dennoch. Denn sie steht für eine unlogische Steuerpolitik, von der sich die Große Koalition eigentlich gerade jetzt verabschieden müsste.

Simple Lösung für die Kompensation

"Wir haben nicht zu wenig Steuern, wir haben zu wenig Steuerung", kritisierte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Wochenende. Im Sinne des Klimaschutzes forderte sie eine "grundlegende" Reform der Energiesteuern. Zentraler Maßstab für deren Höhe soll der Ausstoß von Treibhausgasen werden, höhere Einnahmen seien ausdrücklich nicht das Ziel.

Am Soli zeigt sich, wie schwer sich der Staat in der Praxis mit solchen Prinzipien tut. Der Zuschlag wurde in seiner heutigen Form mit den Kosten der deutschen Einheit begründet. Doch einen Großteil der Einnahmen verwendet der Staat längst für andere Zwecke - und will das auch weiterhin tun. Dass der Soli nicht ganz wegfällt, begründete Unions-Chefhaushälter Eckhardt Rehberg (CDU) nun mit "anstehenden Aufgaben, etwa im Klimaschutz".

Das Prinzip ist nicht neu, aber dennoch falsch: Von einmal erschlossenen Einnahmequellen trennt sich der Fiskus oft auch dann nicht, wenn sich ihre Begründung überholt hat. Doch genau mit dieser Art von Querfinanzierung müsste eine klimafreundliche Steuerreform eigentlich Schluss machen.

Wenn der Staat tatsächlich mehr Geld für Klimaschutz braucht, dann sollte er einen entsprechenden Preis für CO2-Ausstoß definieren. Geht es aber nur darum, den Soli-Verlust zu kompensieren, gibt es eine simplere Lösung: Im Gegenzug für die Streichung wird der Spitzensteuersatz moderat angehoben, wie es die SPD vor der letzten Wahl forderte. Doch eine solche Lösung scheitert bislang am Widerstand der Union, die in den Koalitionsverhandlungen jede Form der Steuererhöhung ablehnte.

Mit dieser Art von Dogmatik wird eine ambitionierte Steuerreform, wie sie Kramp-Karrenbauer fordert, nicht gelingen.

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