Spanisches Sparprogramm Regierungschef Rajoy verbittet sich Einmischung der EU

Trotz Spaniens heikler Finanzlage zeigt sich Ministerpräsident Rajoy gegenüber den europäischen Partnern selbstbewusst. Die EU könne seinem Land nicht den Sparkurs vorschreiben, sagte der Regierungschef. Zugleich ließ er offen, ob seine Regierung einen Hilfsantrag stellen wird.
Spaniens Ministerpräsident Rajoy: Keine Vorschriften der EU

Spaniens Ministerpräsident Rajoy: Keine Vorschriften der EU

Foto: JUAN MEDINA/ REUTERS

Madrid - Die Zusage der Europäischen Zentralbank zum Kauf von Staatsanleihen gibt den südeuropäischen Krisenländern Hoffnung. Entsprechend selbstsicher zeigte sich der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy im ersten Fernsehinterview seit seiner Wahl im vergangenen November. Der Politiker verbat sich eine Einmischung der Europäischen Union in die Sparanstrengungen seines Landes. "Ich kann nicht akzeptieren, dass sie uns sagt, welche Kürzungen nötig sind und welche nicht", sagte Rajoy am Montagabend.

Seine Äußerungen sind auch deshalb brisant, weil die EU-Kommission es nach SPIEGEL-Informationen für wahrscheinlich hält, dass Spanien in den kommenden Wochen einen Antrag beim Euro-Rettungsschirm stellt. Beim ESM könnten die Spanier zu günstigeren Zinsen an Geld kommen als bei privaten Investoren, müssten allerdings auch Kontrollen von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) über sich ergehen lassen.

Rajoy sagte, er habe noch keine Entscheidung über einen Antrag auf EU-Hilfen gefällt. Er müsse noch die Bedingungen für einen möglichen Hilfsantrag prüfen. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Auflagen für Spanien im Falle der Inanspruchnahme eines Rettungsschirms annehmbar wären. Einige europäische Staaten hätten ihn gedrängt, den Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen, andere seien aber dagegen, sagte Rajoy.

Das Wichtigste sei, Ausgaben und Einnahmen in Einklang zu bringen, um das Defizit zu senken. Die spanische Regierung sei auf einem guten Weg. Im kommenden Jahr werde der Fehlbetrag auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt.

Rajoy kündigt neue Steuern an

Ende September werde die Regierung ihren Etatentwurf für 2013 mit zusätzlichen Einsparungen in Höhe von 30 Milliarden Euro verabschieden, sagte Rajoy. Er kündigte für Oktober zwei neue Steuern an. Eine werde auf Gewinne aus Verkäufen von Vermögensgegenständen erhoben, die an Wert zugelegt haben. Bei der zweiten handele es sich um eine Öko-Steuer. Weitere Einzelheiten nannte der Ministerpräsident nicht.

Rajoy räumte ein, dass es die Zentralregierung in Madrid bei der Haushaltskonsolidierung leichter habe als die Regionalregierungen. Während die Regionen seit 2007 fast die Hälfte ihrer Einnahmen verloren hätten, seien seitdem zahlreiche neue Ausgaben im Gesundheitswesen und in der Bildung hinzugekommen. Der Regierungschef sagte Hilfe zu, sollten die Regionen in weitere finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Monti sagt Italien 2013 Wachstum voraus

Die EZB hatte am Donnerstag ihre Bereitschaft erklärt, unbegrenzt Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern aufzukaufen. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti sieht sein Land angesichts solcher Rückendeckung gestützt. Er rechne damit, dass Italiens Wirtschaft im kommenden Jahr wieder wachsen werde, sagte Monti im Interview mit dem US-Fernsehesender CNBC.

"Grund für dieses Wachstum werden sinkende Zinsen sein, weil die unangemessen hohen Zinsen auf italienische Staatsanleihen noch nicht die besseren Fundamentaldaten der italienischen Wirtschaft und der Staatsfinanzen widerspiegeln", sagte Monti. Eine genaue Prognose für 2013 nannte er nicht. Italien befindet sich derzeit in einer Rezession. Die Wirtschaft schrumpfte von April bis Juni bereits das vierte Quartal in Folge. Experten gehen davon aus, dass Italiens Bruttoinlandsprodukt 2012 zwischen zwei und 2,4 Prozent sinken wird.

mmq/dapd/Reuters/dpa
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