Steigende Reallöhne Arbeitnehmern bleibt mehr Geld in der Tasche

Techniker in Siemens-Werk: Nach langer Durststrecke wieder mehr Kaufkraft
Foto: Matthias Rietschel/ APFrankfurt am Main/Stuttgart - Erstmals seit langem können sich Arbeitnehmer in Deutschland wieder mehr leisten: In diesem Jahr stiegen die Löhne und Gehälter nach Einschätzung von Volkswirten wieder stärker als die Lebenshaltungskosten - um durchschnittlich 0,5 Prozent lagen die Reallöhne über denen des Vorjahres. Auch im kommenden Jahr soll der Trend anhalten. Die effektiven Stundenlöhne dürften 2012 im Durchschnitt um 2,7 Prozent steigen, sagte Heiko Peters, Referent vom wissenschaftlichen Stab des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der "Frankfurter Rundschau".
Da die Inflation im kommenden Jahr bei 1,9 Prozent liegen soll, bleibt nach den Einschätzungen der "Wirtschaftsweisen" also ein realer Lohnzuwachs von 0,8 Prozent. Auch Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld erwartet für dieses und nächstes Jahr Reallohn-Steigerungen. Nach seiner Einschätzung dürfte der Zuwachs 2012 sogar deutlich über einem Prozent liegen.
Damit ist ein seit langem andauernder Trend durchbrochen: Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mussten Arbeitnehmer in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt empfindliche Einbußen bei den Reallöhnen hinnehmen. Im Durchschnitt hatten die Deutschen 2010 im Vergleich zum Jahr 2000 4,2 Prozent oder 93 Euro weniger in der Tasche. Bei den Geringverdienern war der reale Einkommensverlust am größten. Nur die oberen 20 Prozent des Gehaltsspektrums konnten ihre Kaufkraft steigern (siehe Tabelle unten).
Auch für die Rentner soll es in den kommenden Jahren spürbar mehr Geld geben: Die gesetzliche Rente soll nach Erwartung der Bundesregierung bis zum Jahr 2025 um 35 Prozent steigen. Im Schnitt werde sie laut den "Stuttgarter Nachrichten" jedes Jahr um etwa zwei Prozent angehoben. Die Zeitung beruft sich auf den Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung.
Noch im Zeitraum von 2004 bis 2010 hatte es für die Rentner viermal Nullrunden gegeben. In diesem Jahr mussten sich die Rentner mit einer bescheidenen Erhöhung von rund einem Prozent zufriedengeben. Der Rentenversicherungsbericht beschreibt "mittels Modellrechnungen die zukünftige Entwicklung der Rentenfinanzen in den kommenden 15 Jahren", wie es in dem Dokument heiße. Damit ist er eine Projektion auf Basis aktueller Daten.
Erst im kommenden Frühjahr wird die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 endgültig festgelegt - dann liegen alle für die Berechnung erforderlichen Wirtschaftsdaten vor. Laut den Prognosen erhielte ein Standardrentner nach 45 Beitragsjahren dann einen Zuschlag von monatlich knapp 28,50 Euro im Westen und rund 35 Euro im Osten.
Durchschnittliches reales Bruttoerwerbseinkommen im Monat je Dezil in Euro
Einkommen aller abhängig Beschäftigten |
2000 | 2005 | 2010 |
Relative Veränderung 2000-2010 (in Prozent) |
Absolute Veränderung 2000-2010 (in Euro) |
1. Zehntel | 320 | 289 | 259 | -19,1 | -61 |
2. Zehntel | 798 | 636 | 614 | -23,1 | -184 |
3. Zehntel | 1290 | 1120 | 1048 | -18,8 | -242 |
4. Zehntel | 1658 | 1520 | 1440 | -13,1 | -218 |
5. Zehntel | 1958 | 1902 | 1798 | -8,2 | -160 |
6. Zehntel | 2253 | 2245 | 2162 | -4,0 | -91 |
7. Zehntel | 2554 | 2573 | 2485 | -2,7 | -69 |
8. Zehntel | 2865 | 2967 | 2845 | -0,7 | -20 |
9. Zehntel | 3434 | 3543 | 3440 | 0,2 | 6 |
10. Zehntel | 5368 | 5340 | 5481 | 2,1 | 113 |
Mittelwert | 2229 | 2201 | 2136 | -4,2 | -93 |
Median | 2096 | 2087 | 1941 | -7,4 | -155 |
Angaben in Preisen von 2005.