Studie zur Neuverschuldung Steuererhöhungen sind wegen Corona-Ausgaben nicht nötig

Mit mehr als einer Billion Euro stemmt sich die Regierung gegen die Coronakrise. Ökonomen halten höhere Steuern dennoch nicht für nötig. Im Gegenteil: Sie könnten die Krise eher verstärken.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)

Foto: Hannibal Hannschke / REUTERS

Die immensen Sonderausgaben wegen der Corona-Pandemie sind einer Studie zufolge für Deutschland verkraftbar und müssen den Staat auch nicht tiefer in die Taschen der Bürger greifen lassen. "Für die aktuellen Corona-Kosten des Bundes werden auch mittelfristig keine Steuererhöhungen als Gegenfinanzierung benötigt", heißt es in einer Studie des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts der Universität Köln, über die die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. "Dass die Corona-Kosten zunächst über Haushaltsdefizite finanziert werden, ist ökonomisch klug und politisch in der kurzen Frist ohne Alternative." Die Neuverschuldung sei trotz riesiger Summen tragfähig, es gebe also nicht über Gebühr zusätzliche Zukunftslasten.

"Die zusätzlichen Ausgaben sind allein der Corona-Ausnahmesituation geschuldet. Sie müssen zum geeigneten Zeitpunkt wieder zurückgefahren werden und eine Ausnahme bleiben", sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, die die Studie in Auftrag gegeben hat. Es dürfe kein Dauerzustand werden. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sei momentan noch nicht in Gefahr. Es zeige sich, dass nicht einmal Steuererhöhungen nötig sein werden. Sie würden die Krise nur verstärken, da dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Firmen leide.

Christoph Schmidt, Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, fordert steuerliche Entlastungen für Bürger und Unternehmen. "Das wäre nach all den Jahren des Stillstands in diesem Bereich ein ermutigendes Zeichen", sagte er dem SPIEGEL.

Scholz will höhere Steuern für hohe Einkommen

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt wegen der Coronakrise höhere Steuern ins Gespräch gebracht. "Angesichts der vielen Aufgaben, die der Staat jetzt schultert, muss klar sein, dass Leute, die ein paar Hunderttausend Euro verdienen, künftig einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten können. Wir brauchen ein leistungsgerechteres Steuersystem."

Für dieses Jahr summiert sich die Neuverschuldung auf den Rekordwert von rund 218 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2020 verzeichnete der Fiskus ein Minus von 3,2 Prozent des BIP, weil die Ausgaben für Stützungsprogramme explodierten und zugleich Steuereinnahmen wegbrachen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaft von 5,8 Prozent. Der Einbruch der Wirtschaft fällt damit nur unwesentlich stärker aus als bei der Finanzkrise 2009. Damals nahm das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,7 Prozent ab. Auf das kommende Jahr blicken die Konjunkturexperten der Bundesregierung etwas weniger optimistisch als noch im Frühling. Für 2021 sagen sie ein Wachstum von 4,4 Prozent voraus. Das liegt deutlich unter den 5,2 Prozent, die sie in ihrer letzten Schätzung voraussagten.

hej/Reuters
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