Steuerpläne der Union Merkels andere Obergrenze

Keine Steuererhöhungen: Mit diesem Versprechen grenzt sich die Union im Wahlprogramm von der Konkurrenz ab. Doch die geplanten Entlastungen bleiben begrenzt - und befriedigen nicht einmal die eigene Basis.
Steuerpläne der Union: Merkels andere Obergrenze

Steuerpläne der Union: Merkels andere Obergrenze

Foto: ODD ANDERSEN/ AFP

Es ging wieder viel um die umstrittene Obergrenze für Flüchtlinge, als die Parteichefs Angela Merkel und Horst Seehofer am Montag das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU vorstellten. Seehofer kann die Kanzlerin weiterhin nicht von seiner Forderung nach einer Höchstzahl von Migranten überzeugen. Dafür herrscht bei einer anderen Grenze mehr Einigkeit: Die Union verspricht auch für die kommende Legislaturperiode: "Wir wollen keine Steuererhöhungen."

In der Steuerpolitik zeige sich, dass es "schon gravierende Unterschiede zwischen den politischen Lagern" gebe, fügte Seehofer hinzu. Das zielte besonders auf die SPD, die bereits vor zwei Wochen ein Steuerkonzept vorgelegt hatte, das eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes vorsieht. Trotz staatlicher Rekordeinnahmen könne sich die Konkurrenz Steuererleichterungen ohne gleichzeitige Erhöhungen offenbar nicht vorstellen, spottete Seehofer.

Ihre Absage an Steuererhöhungen dürfte die Union bis zur Wahl noch oft als Alleinstellungsmerkmal hervorheben - schließlich fordern auch Linke und Grüne einen höheren Spitzensteuersatz und eine Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Doch die Abgrenzung von den anderen bedeutet nicht, dass die Union auch besonders große Erleichterungen plant. Vielmehr gelten auch hier recht klare Obergrenzen.

So wollen CDU und CSU ebenso wie die SPD Entlastungen von gut 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer. Dieses Volumen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon länger in Aussicht gestellt. Er leitet die Zahl von der Steuerquote ab, also dem Verhältnis von Einnahmen zur Wirtschaftsleistung. Schäuble will diese Quote bei 22 Prozent einfrieren - einem Niveau, bei dem 2014 erstmals seit Jahrzehnten ein ausgeglichener Haushalt erreicht wurde.

Schäubles Argumentation ist durchaus angreifbar. Laut der jüngsten Steuerschätzung steigen die Einnahmen steiler an als bislang vorhergesagt. Dadurch müsste die Entlastung mehr als doppelt so hoch ausfallen, um das Niveau bei der Steuerquote zu halten. Die Steuerquote steigt bislang übrigens keineswegs konstant an. Seit den Siebzigerjahren liegt sie vielmehr relativ stabil bei 21 bis 23 Prozent.

Eine weitere Parallele zwischen Union und SPD: Beide wollen, dass der bisherige Spitzensteuersatz von 42 Prozent künftig bei 60.000 Euro statt bislang schon bei rund 54.000 Euro zu versteuerndem Einkommen greift. Während die SPD aber zusätzlich ab 76.200 Euro den neuen Höchstsatz von 45 Prozent einführen will, soll im Unions-Konzept der Spitzensteuersatz unverändert bleiben. Gutverdiener kommen also besser weg.

Die Union will laut Wahlprogramm zudem den sogenannten Mittelstandsbauch verringern. Entgegen seines Namens betrifft dieser vor allem Geringverdiener und bezeichnet den besonders steilen Anstieg des Einkommensteuertarifs bis zu einem Steuersatz von 24 Prozent bei derzeit knapp 14.000 Euro. Auch dieser Satz könnte später greifen - Details dazu bleibt die Union aber schuldig.

Konkreter sind mehrere Vorhaben für Familien mit Kindern. Ihnen wollen CDU und CSU wieder verstärkt den Kauf von Eigenheimen ermöglichen, indem für Erwachsene und Kinder beim erstmaligen Erwerb von Wohneigentum Freibeträge auf die Grunderwerbsteuer gewährt werden. Dies müsste allerdings mit den Bundesländern ausgehandelt werden, denen die Steuereinnahmen zustehen. Der Hauskauf soll zudem über zehn Jahre mit einem sogenannten Baukindergeld von 1200 Euro pro Kind gefördert werden.

Bei der Einkommensteuer soll der Kinderfreibetrag auf das Niveau von Erwachsenen steigen und für einkommenschwächere Familien analog das Kindergeld steigen. Allerdings will die Union die Beträge in zwei Schritten angleichen und den zweiten davon "abhängig von der wirtschaftlichen Lage verwirklichen, aber spätestens in der darauffolgenden Legislaturperiode".

Ähnlich unscharf ist der Zeithorizont beim Solidaritätszuschlag. Zwar will die Union den Soli für alle abschaffen - im Gegensatz zur SPD, die zunächst nur niedrige und mittlere Einkommen davon befreien will. Doch auch bei CDU und CSU ist die Abschaffung nach wie vor nur schrittweise ab 2020 geplant.

Zunächst verspricht die Union beim Soli nur eine Entlastung um vier Milliarden Euro, eine Ausweitung will sie ebenfalls von der wirtschaftlichen Lage abhängig machen. Das ist auch der eigenen Basis nicht genug. 27 Jahre nach der Deutschen Einheit brauche es einen "entschlosseneren Einstieg in den Ausstieg vom Soli", sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates.

Sehr entschlossen zeigt sich die Union dagegen bei ihren Nein zu einer Erhöhung der Erbschaftsteuer. Nach der jüngsten Reform im vergangenen Jahr lehne man "jede Verschlechterung bei der Erbschaftsteuer ab", heißt es dazu im Programm. Eine interessante Formulierung, schließlich betraf die Neuregelung nur Firmenerben, für die nach wie vor im Vergleich zu Normalbürgern großzügige Privilegien gelten.

Die SPD reagierte prompt. Die Union wolle "Steuergeschenke für Spitzenverdiener und schont reiche Erben", schimpfte Kanzlerkandidat Martin Schulz. Steuererhöher gegen Reichenfreunde: Der Wahlkampf ist eröffnet.

Zusammengefasst: Als Teil ihres Wahlprogramms haben CDU und CSU auch ihre Steuerpläne vorgestellt. Als einzige Fraktion im Bundestag lehnen sie dabei Steuererhöhungen generell ab. Die versprochenen Entlastungen fallen allerdings begrenzt aus, die Zeitpunkte der Umsetzung sind zum Teil unklar.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten