Strahlende Aussichten Spanisches Dorf feiert Bau eines Atommülllagers

In Deutschland gehen AKW-Gegner bei jedem Castor-Transport auf die Barrikaden. Die Menschen im spanischen Villar de Cañas reagieren anders auf die Nachricht, dass in ihrem Örtchen bald ein zentrales Atommülllager gebaut wird: Der Jubel kennt keine Grenzen.
Große Freude bei den Bewohnern von Villar de Cañas: Das Atommülllager kommt

Große Freude bei den Bewohnern von Villar de Cañas: Das Atommülllager kommt

Foto: Santiago Torralba/ dpa

Madrid - Im 500-Seelen-Dorf Villar de Cañas in Zentralspanien gibt es eine einzige Bar. Dort trafen sich an diesem Freitag die Einwohner und feierten. Im Fernsehen waren Bilder jubelnder Menschen zu sehen. Der Grund: Die Ortschaft hat von der Regierung in Madrid den Zuschlag bekommen, ein Atomzwischenlager zu bauen.

Der Bürgermeister der rund 130 Kilometer südöstlich von Madrid gelegenen Ortschaft, José María Sáiz, sagte, 80 Prozent der Einwohner würden den Bau der Atomanlage begrüßen. Der Bau des Zwischenlagers werde in der wirtschaftlich heruntergekommenen Region rund tausend neue Arbeitsplätze schaffen, sagte Sáiz. Viele Einwohner seien in den vergangenen Jahren wegen der Armut aus der Ortschaft und den umliegenden Dörfern weggezogen.

Spaniens neue konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hat sich nach einer siebenjährigen Diskussion für Villar de Cañas als Standort des künftigen Zwischenlagers entschieden. Im Jahr 2004 hatte eine parlamentarische Kommission dazu aufgerufen, ein Lager zu bauen, in dem in den kommenden 60 Jahren Atommüll aufbewahrt werden kann. Führende Mitglieder der in der Region Kastilien-La Mancha regierenden Volkspartei (PP) gehören der Atom-Lobby an. Auch der Bürgermeister ist PP-Mitglied.

Die Lagerung von Atommüll in Spanien ist an ihre Grenzen gestoßen. Das Land lagert den strahlenden Müll derzeit in den Atomkraftwerken, an einem Standort in Südspanien sowie in einem französischen Lager, wofür der spanische Staat nach eigenen Angaben täglich 60.000 Euro zahlt.

Umweltschützer äußerten dagegen am Freitag ihr "Entsetzen" und kündigten Protestkundgebungen an. Greenpeace sprach von einem "nuklearen Friedhof", für den Geld verschwendet und ein unnötiges Risiko eingegangen werde. Gegner des Projekts verweisen auch auf das Erdbebenrisiko in der Region.

lgr/dpa/AFP
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