Streit über Griechen-Hilfen EZB stemmt sich gegen Rating-Giganten

EZB-Zentrale in Frankfurt am Main: Kauf von Schuldenpapieren weiter möglich?
Foto: Ralph Orlowski/ Getty ImagesHamburg/London - In der griechischen Schuldenkrise gibt es neue Hoffnung auf eine Lösung: Laut einem Bericht der britischen "Financial Times" erwägt die Europäische Zentralbank (EZB) selbst dann noch Griechenland-Anleihen zu kaufen, wenn eine oder zwei Rating-Agenturen das Land für zahlungsunfähig erklären. Nur wenn alle drei großen Agenturen den Daumen über Griechenland senkten, würde sie den Kauf Athener Schuldenpapiere einstellen.
Die Bank stütze sich auf die Praxis, das beste Rating als Grundlage für ihre eigenen Entscheidungen zu nehmen, zitiert die Zeitung einen hochrangigen Manager der Bank. Die EZB selbst wollte den Bericht nicht kommentieren.
Durch ihren Pro-Griechenland-Kurs schafft die EZB Spielraum für eine Lösung der Schuldenkrise. Die Unterstützung von Europas Notenbank ist zentral für deren Lösung. Mehr als 100 Milliarden Euro hat die EZB dem hochverschuldeten griechischen Staat bislang geliehen. Zuletzt hatte es Sorgen gegeben, die EZB könnte ihre Hilfen einstellen.
Grund ist ein Streit über einen Rettungsplan für Griechenland. Diskutiert wird das Modell eines sogenannten Rollover. Dabei tauschen die privaten Gläubiger ihre bestehenden Forderungen gegen neue Schuldtitel mit längerer Laufzeit. Der Tausch soll freiwillig sein.
Die Rating-Agentur Standard & Poor's hat gedroht, dieses Vorgehen streng zu ahnden - und eine Schuldenverlängerung als teilweisen Zahlungsausfall zu werten. Eine solche Bewertung wäre für Griechenland fatal. Die Zinsen auf Athener Anleihen würden weiter steigen, eine Rückkehr des Landes an die Finanzmärkte würde noch unwahrscheinlicher. Ein Zahlungsausfall gilt zudem als schwer kalkulierbares Risiko für das Finanzsystem, weil dann auch Kreditausfallversicherungen (CDS) in unbekannter Höhe fällig würden.
Immerhin dürfen die Griechen nun zunächst weiter auf Hilfen der EZB hoffen - vorausgesetzt, mindestens eine der drei Agenturen wertet den Rollover in Zukunft nicht als teilweisen Zahlungsausfall.
EZB-Ratsmitglied kritisiert Rating-Agenturen
Die Bonitätsprüfer stehen stark in der Kritik. EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny etwa monierte, dass die Agenturen in der Euro-Krise "viel strikter" seien, als in vergleichbaren Situationen - etwa in Südamerika. "Nur wenn sie die Hilfen als freiwillig einstufen, kommen sie nicht einem Staatsbankrott gleich, der mit dem Paket vermieden werden soll."
Nach Ansicht von Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon muss sich Europa rasch von den US-Agenturen emanzipieren. Man müsse schnell mit dem Aufbau europäischer Rating-Agenturen beginnen, sagte der CSU-Politiker. Standard & Poor's Warnung vor dem Zahlungsausfall sei "unangemessen und wenig hilfreich".
Gerade die US-Rating-Agenturen hätten im Vorfeld der Finanzmarktkrise als Frühwarnsystem und bei den Einschätzungen der Risiken eklatant versagt. Wenn nun eben diese Rating-Unternehmen notwendige Rettungsmaßnahmen der Länder der Euro-Zone und des IWF zusätzlich erschwerten, zeuge das von mangelnder Verantwortung und könne nur als bewusste Provokation gegenüber den europäischen Steuerzahlern gewertet werden, sagte Fahrenschon.
Deutschland zahlt offenbar Großteil der neuen Griechenland-Tranche
Neben einem Rollover werden EU-Kommission, EU-Länder und Internationaler Währungsfonds bald eine neue Tranche aus dem Rettungspaket für Griechenland auszahlen. Deutschland übernimmt dieses Mal Deutschland einen Großteil der Hilfen.
Die staatliche Bankengruppe KfW bestätigte auf Anfrage, Kredite über 5,05 Milliarden Euro bereitzustellen. Das sei mehr als die Hälfte der von den Euro-Ländern vereinbarten Hilfen von 8,7 Milliarden Euro. Zur Begründung hieß es, Deutschland sei bei den Gesamthilfen bisher unter seinem vereinbarten Anteil von rund 28 Prozent geblieben. Das müsse nun aufgeholt werden.
Finnland stellte derweil Bedingungen für eine Beteiligung an neuen Hilfspaketen. Das Land werde Garantien fordern, sagte die neue Finanzministerin Jutta Urpilainen am Dienstag in einem Interview mit dem Fernsehsender YLE. Eine Beteiligung privater Investoren sei im Umgang mit der Schuldenkrise in der Euro-Zone wichtig. "Wir wollen die Verantwortlichkeiten Finnlands begrenzen." Als Garantie sei etwa eine Aktienbeteiligung an einer Firma denkbar, die staatliche Vermögenswerte verwalte.