Umstrittene Stromleitung Netzbetreiber wollen Mega-Trasse deutlich verlängern

Strommasten in Brandenburg: Neue Stromtrassen für die Ökorepublik
Foto: Christoph Schmidt/ dpaHamburg - Die meisten Deutschen unterstützen die Energiewende, weniger begeistert sind sie über ihre Konsequenzen. Vor allem der Bau riesiger neuer Leitungen, die Ökostrom aus dem Norden und Osten der Republik in den industriereichen Süden transportieren sollen, ist für viele Bürger ein Ärgernis. Nun soll eine dieser Leitungen sogar noch länger werden als geplant.
Konkret geht es um eine Höchstspannungsleitung mit einer Kapazität von zwei Gigawatt, was der Leistung von zwei mittleren Atomkraftwerken entspricht. Nach bisherigen Plänen der Stromnetzbetreiber sollte die Mega-Trasse von Lauchstädt in Sachsen-Anhalt bis ins bayerische Meitingen gezogen werden (Übersichtskarte ). Nun empfehlen die Netzbetreiber, die Leitung in Sachsen Anhalt bis nach Wolmirstedt zu verlegen; der Ort liegt in der Nähe von Magdeburg, Luftlinie rund 110 Kilometer weiter nördlich (Karte ). In Bayern soll sich die Trasse rund 40 Kilometer weiter gen Westen erstrecken - bis nach Gundremmingen/Gundelfingen (Karte ).
Insgesamt könnte die Leitung "180 bis 200 Kilometer länger" werden, heißt es im Umfeld der Netzbetreiber. Das liegt daran, dass man neue Stromleitungen gemeinhin nicht schnurgerade durch die Landschaft zieht, sondern meist entlang von Straßen oder bereits bestehenden Trassen verlegt.
Der Vorschlag findet sich in einer Zusammenfassung des neuen Netzentwicklungsplans, den die vier Betreiber der deutschen Übertragungsnetze am Dienstag vorstellen wollen. Das Dokument liegt SPIEGEL ONLINE vor. Die Verlängerung schaffe eine "direkte Verbindung" zum "Windkraft-Becken Sachsen-Anhalts", heißt es darin zur Begründung.
Die Netzbetreiber wollen offenbar den Vorwurf entkräften, dass die Stromtrasse vor allem gebaut wird, um den Abtransport von Strom aus ostdeutschen Braunkohlekraftwerken zu sichern, wenn immer mehr Windstrom durch Deutschlands Netze fließt. Einige Experten, allen voran der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass, hatten dies bemängelt. Später hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dieses Argument übernommen, um gegen den Bau neuer Stromleitungen in Bayern Stimmung zu machen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte Ende Juli angedeutet, dass die Trasse in ihrer geplanten Form nicht kommen könne. Nun soll die Verlängerung der Leitung bis nach Wolmirstedt klarmachen, dass sie vornehmlich dem Transport von Windstrom dient. In der SPD-Fraktion wird der überarbeitete Plan von manchen durchaus kritisch gesehen. Warum jetzt kein Braunkohlestrom mehr durch die Leitung fließen solle, nur weil die Leitung länger sei, leuchte ihm nicht ein, sagt ein SPD-Mann. Seines Erachtens sei das Ganze ein "billiger Taschenspieler-Trick", um die Akzeptanz für die Leitung zu erhöhen.
Die Grünen werten die neuen Pläne der Stromnetzbetreiber als Klatsche für Seehofer. "Der Plan bestätigt - trotz anderslautender Aussagen vom bayerischen Ministerpräsidenten - wieder einmal, dass Bayern auf Wind- und Sonnenstrom aus dem Norden der Republik angewiesen ist", sagt Fraktionsvize Oliver Krischer. "Schaltet man dem Energiewende-Irrlicht Seehofer nicht bald das Licht aus, gehen in Bayern wohl bald die Lichter aus."