Strompreise Verbraucher zahlen Nachlass für die Industrie

Arbeiter an Überlandleitung: Verbraucher zahlen der Industrie die Zeche
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesFrankfurt am Main - Energieintensive Industriebetriebe sind von der Zahlung der sogenannten Netzentgelte befreit, alle anderen Stromverbraucher müssen für sie mitzahlen. Diese Ausnahmeregelungen werden die Strompreise laut "Frankfurter Rundschau" ("FR") im kommenden Jahr für kleinere Stromverbraucher spürbar in die Höhe treiben. Wie die Zeitung unter Berufung auf die Bundesnetzagentur berichtet, ist bislang für 178 Unternehmen die Befreiung von den sogenannten Netzentgelten genehmigt worden.
Weil aber erst rund 80 Prozent der Anträge abgearbeitet seien, dürften insgesamt vermutlich weit über 200 Unternehmen in den Genuss der Befreiung kommen - deutlich mehr als geplant. Die dort verloren gegangenen Beträge müssten nun hauptsächlich von privaten Haushalten und kleineren Unternehmen aufgebracht werden. In diesem Jahr seien so insgesamt 440 Millionen Euro an Vergünstigungen zu finanzieren.
Hintergrund ist laut "FR" eine Ausnahmeregelung, die im vergangenen Sommer von der schwarz-gelben Regierungsmehrheit im Bundestag beschlossen wurde und rückwirkend seit Anfang 2011 gilt. Sie sieht vor, dass Unternehmen, die mehr als zehn Gigawattstunden Strom pro Jahr verbrauchen und sehr kontinuierlich Strom abnehmen, von den für sie ohnehin deutlich reduzierten Netzentgelten, also den Gebühren für die Nutzung des Stromnetzes, gänzlich ausgenommen werden.
2013 wird nachgezahlt
Die dort verloren gegangenen Beträge müssen dem Bericht zufolge nun über eine Umlage hauptsächlich von Kleinkunden getragen werden, die jährlich weniger als 100.000 Kilowattstunden verbrauchen. Die Bundesnetzagentur hatte die Umlage für Kleinverbraucher für das Jahr 2012 auf 0,151 Cent festgelegt. Damit sollen insgesamt 440 Millionen Euro an Vergünstigungen finanziert werden, von denen 300 Millionen auf die umstrittene neue Ausnahmeregel für die Industrie entfallen.
Doch diese 300 Millionen Euro sind offenbar viel zu niedrig angesetzt. Die Netzagentur entschied sich im Dezember vergangenen Jahres für diese Summe, als nur etwa hundert Anträge auf Netzentgeltbefreiung eingegangen waren. Offiziell abgerechnet wird erst im Oktober, dann müssen die Stromnetzbetreiber die Höhe der Umlage für das Jahr 2013 bekanntgeben.
Wie die "FR" berichtet, geht die Bundesnetzagentur intern davon aus, dass schon die Summe für dieses Jahr zu niedrig festgesetzt wurde und die Umlage schon im kommenden Jahr drastisch ansteigen wird. Denn die Fehleinschätzung für 2012 wird dann doppelt in Rechnung gestellt: Die zu niedrigen Einnahmen aus dem Jahr 2012 müssten 2013 nachgeholt werden.
Auch die Opposition erwartet, dass das Geschenk der Regierung an die großen Industrieunternehmen für kleine und private Stromverbraucher richtig teuer wird. Bärbel Höhn, die Energieexpertin der Grünen, sagte dem Blatt: "Wir gehen davon aus, dass sich die Umlage mindestens verdoppeln wird."