Superreiche in der Politik Playboys, Paten, Patrioten

Wenn ich reich bin, werde ich Präsident: In Russland und den USA kämpfen mit Prochorow und Romney zwei Superreiche um das höchste Amt im Staat. Politische Macht wirkt seit jeher verführerisch auf erfolgreiche Unternehmer. Doch auf dem glitschigen Parkett der Politik rutschen viele aus.
Von Alina Braun und Benjamin Bidder
Foto: Ilnar Salakhiev/ AP

Seit Mittwoch ist es offiziell: Die Wahlkommission in Moskau hat die Kandidatur von Michail Prochorow für das russische Präsidentenamt akzeptiert. Bei den Wahlen Anfang Mai will der mit geschätzt rund 13 Milliarden Euro drittreichste Mann Russlands als Parteiloser gegen Wladimir Putin antreten.

Prochorow pflegt Hobbys, die den Herzschlag höher treiben. Der laut Boulevardmedien begehrteste Junggeselle des Landes mag Sportarten wie Heliskiing oder Kickboxen. Jetzt plant er eine Karriere in der Politik. Für Russlands Superreiche ist das ebenso riskant wie der Sprung aus einem Hubschrauber in den Schnee - und mindestens so hart wie ein Boxkampf.

Michail Prochorow hat schon einmal versucht, Fuß zu fassen auf Moskaus rutschigem Polit-Parkett. Sein erster Ausflug endete allerdings im vergangenen Jahr nach nur wenigen Monaten. Der Kreml setzte damals Prochorow an die Spitze der Partei "Rechte Sache". Er sollte Stimmen unzufriedener Liberaler binden. Als das Projekt aus dem Ruder lief, ließ der Kreml Prochorow wieder fallen. Der Superreiche musste lernen, dass in Russlands Politik andere Gesetze gelten als in der Geschäftswelt.

Prochorow wäre nicht der erste Milliardär, der bei einem Ausflug in die Politik Schiffbruch erleidet. Überall auf der Welt streben Reiche nach Höherem. Die Erfahrung aber zeigt, dass Neider und Kontrahenten meist keine Gelegenheit auslassen, um deren finanzielle, politische oder persönliche Skandale ans Licht zu bringen. SPIEGEL ONLINE gibt einen Überblick über die Karrieren von Vermögenden in der Politik - gelungene und gescheiterte.

Der Pate des Kreml - Boris Beresowski

Foto: Shaun Curry / AFP

In Moskau gilt Boris Beresowski als Inbegriff des reichen Schurken in der Politik. Man nennt den Russen den "Paten des Kreml". Beresowski, heute 65 Jahre alt, stieg in den neunziger Jahren zur grauen Eminenz des Kreml auf. Wie kein Zweiter verstand er es, Geld in politischen Einfluss zu verwandeln und Macht wieder in noch größeren Reichtum.

Beresowski kontrollierte die Fluggesellschaft Aeroflot, Fernsehsender und russische Zeitungen. 1996 half er dem angeschlagenen Präsidenten Boris Jelzin bei dessen Wiederwahl. Beresowski stieg zum Vizepräsidenten des einflussreichen Sicherheitsrats auf und zum wichtigsten Strippenzieher auf den Korridoren des Kreml.

1999 förderte Beresowski auch Wladimir Putins Aufstieg. Putin aber wandte sich gegen den Milliardär, Beresowski floh nach London. Dort schmiedet er seither Rachepläne, während sein Vermögen schwindet. 2007 verkündete er im britischen "Guardian", er plane eine gewaltsame Revolution gegen Putin.

Der Neurotiker - Ross Perot

Foto: ? Joe Skipper / Reuters/ REUTERS

Fast scheint es, als müsste man in den USA von Haus aus reich sein, um überhaupt Fuß fassen zu können in der Politik. Oder zumindest einen reichen Gönner im Hintergrund haben, so wie Newt Gingrich, der sich seine Präsidentschaftskandidatur vom Casino-Mogul Sheldon Adelson finanzieren lässt. US-Wahlkämpfe schlucken bekanntlich Millionen. Andererseits garantiert auch der dickste Geldbeutel keinen Zutritt zum Weißen Haus. Ross Perot, Unternehmer aus Texas, kann das bezeugen.

Perot ist mit IT-Unternehmen reich geworden, das US-Magazin "Forbes" schätzt das Vermögen des heute 81-Jährigen auf 3,4 Milliarden Dollar. 1979 betrieb der Unternehmer schon mal aktiv Außenpolitik: Nach einer Geiselnahme von Mitarbeitern seiner Firma in Iran sponserte Perot die Rettungsoperation durch Ex-Elite-Soldaten der US-Armee.

In den neunziger Jahren trat Perot zweimal bei Präsidentschaftswahlen an, schaffte aber nicht den Einzug ins Weiße Haus. 1992 erreichte er immerhin respektable 19 Prozent und landete auf Rang drei hinter Gewinner Bill Clinton von den Demokraten und dem Republikaner George Bush.

Als hinderlich erwies sich Perots Hang zur Paranoia: 1992 warf er im Wahlkampf plötzlich hin, weil er glaubte, die Republikaner würden sonst mit schlüpfrigen Enthüllungen die Hochzeit seiner Tochter stören. Auf Flugreisen buchte Perot gern Tickets für mehrere Flüge, aus Angst vor Anschlägen auf sein Leben.

Die Heuschrecke - Mitt Romney

Foto: Erik S Lesser/ dpa

Mitt Romney versucht bereits zum zweiten Mal sein Glück bei den Vorwahlen der US-Republikaner, 2008 war er dabei gescheitert. Vor seiner politischen Laufbahn hatte er die Beteiligungsgesellschaft Bain Capital gegründet, die ihm ein Vermögen von geschätzt 250 Millionen Dollar einbrachte. Im Wahlkampf aber erweist sich Romneys Geschäftsvergangenheit eher als hinderlich. Investmentfirmen wie Romneys Bain Capital kaufen kriselnde Unternehmen billig auf, zerschlagen sie und verkaufen die Einzelteile möglichst teuer weiter. "Heuschrecken" nannte sie deshalb der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering, weil sie wie Ungeziefer über Firmen herfielen. Das Geschäftsmodell ist auch in den USA nicht besonders populär. Romneys Gegner geißeln ihn bereits als "Firmenjäger", Rivale Rick Perry titulierte ihn als "Aasgeier".

Der Enkel - Carl-Eduard von Bismarck

Foto: Timo Jann/ picture-alliance/ dpa

Carl-Eduard von Bismarck, genannt Calle, ist ein Ururenkel des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck. Dessen Nachfahren häuften ein üppiges Familienvermögen an. Aber schon dem Eisernen Kanzler schwante: "Die erste Generation verdient das Geld, die zweite verwaltet das Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, die vierte verkommt vollends."

Carl-Eduard von Bismarck, zunächst CDU-Kommunalpolitiker, rückte 2005 in den Bundestag auf, glänzte aber bei Sitzungen regelmäßig durch Abwesenheit. Zeitungen berichteten groß über den angeblich "faulsten Politiker Deutschlands". Bismarck gab sein Mandat bereits nach einigen Monaten wieder auf, später beichtete er seine Alkoholsucht.

Die Gasprinzessin - Julia Timoschenko

Foto: Sergey Dolzhenko/ dpa

Dass Reichtum einen rasanten Aufstieg ebenso befördern kann wie einen tiefen Fall zeigt das Beispiel Julia Timoschenko. Die ehemalige ukrainische Regierungschefin hat mit Rohstoffgeschäften einst Hunderte Millionen Dollar gemacht. 2004 dann wurde sie eine der Führerinnen der "Revolution in Orange". Hunderttausende Demonstranten rebellierten gegen den damaligen Präsidenten Leonid Kutschma, der mit manipulierten Wahlen seinen Kronprinzen Wiktor Janukowitsch ins Amt heben wollte.

Timoschenko und ihre Verbündeten setzten Neuwahlen durch. Die Politikerin mit dem charakteristischen Haarkranz wurde Premierministerin, trat aber zurück. 2010 unterlag Timoschenko dem alten Rivalen und Kutschma-Zögling Wiktor Janukowitsch bei den Präsidentschaftswahlen. Ihr Widersacher ließ sie anschließend wegen angeblich unvorteilhafter Gasverträge mit Russland anklagen.

Timoschenko wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt, die EU protestierte gegen den offenbar politisch motivierten Prozess. Derzeit sorgt Timoschenko aus der Haft für Schlagzeilen: Die 52-Jährige ist laut ihren Anwälten schwer krank und ungenügend medizinisch versorgt.

Der Strippenzieher - Thaksin Shinawatra

Foto: Heng Sinith/ AP

Thaksin Shinawatra, Ex-Ministerpräsident von Thailand, konnte anders als Timoschenko einem Gefängnisaufenthalt knapp entgegen. Den 62 Jahre alte Telekommunikationsmogul, der sich früher den britischen Fußballclub Manchester City als Hobby hielt, verehren noch heute weite Teile der thailändischen Bevölkerung wie einen Nationalhelden. 2006 aber stürzte ihn das Militär, er wurde wegen Amtsmissbrauch verurteilt. Shinawatra setzte sich nach Dubai ab. Aus dem Ausland zieht er bis heute die Strippen in Thailands Politik. Seine Schwester Yingluck siegte bei Parlamentswahlen im vergangenen Jahr, den flüchtigen Bruder ernannte sie prompt zum Berater. Laut thailändischen Medienberichten plant Yingluck nun eine Amnestie für Verurteilte über 60 Jahre, deren Strafen nicht mehr als drei Jahre betragen - wie maßgeschneidert für ihren reichen Bruder.

Signor Bunga Bunga - Silvio Berlusconi

Foto: Christophe Karaba/ dpa

Silvio Berlusconi wurde zum Inbegriff des machthungrigen, halbseidenen Unternehmers. Italiens ehemaliger Ministerpräsident machte das große Geld mit Baugeschäften. Dann brachte er große Teile der italienischen Medienlandschaft unter seine Kontrolle. 1993 gründete er seine Partei "Forza Italia". Auch dank medialen Flankenschutzes aus seinem Imperium gewann er 1994 die Wahlen. Drei Mal führte Berlusconi Italiens Regierung, auf seinen ausschweifenden Lebensstil aber mochte er auch als Premier nicht verzichten. Noch mit 76 Jahren feierte der Besitzer des Fußballvereins AC Mailand wilde Partys und ließ sich junge Gespielinnen zuführen. Trotz Korruptionsverdacht, angeblichen Mafia-Verbindungen und einer desaströsen Wirtschaftsbilanz hielt sich Berlusconi lange an der Macht. 2011 aber, nach Wochen heftiger Kritik aus dem In- und Ausland, zog sich Berlusconi vom Ministerpräsidentenamt zurück.

Der Anden-Berlusconi - Sebastián Piñera

Foto: Mario Ruiz/ picture alliance / dpa

Sebastián Piñera gilt als "Berlusconi von Chile". Der 63 Jahre alte Staatspräsident hält große Anteile an dem privaten Fernsehsender "Chilevisíon" und dem beliebten Hauptstadt-Fußballclub "Colo Colo". Sein Vermögen machte er mit Immobilien, Finanz- und Börsengeschäften. 2006 unterlag der konservative Milliardär bei den Präsidentschaftswahlen knapp der Sozialistin Michelle Bachelet. Mit dem Versprechen, er werde eine Million Arbeitsplätze schaffen, hatte er 2010 im zweiten Anlauf Erfolg. Für negative Schlagzeilen sorgen dagegen Piñeras peinliche Ausrutscher. Bei einem Besuch in Deutschland schrieb er in Christian Wulffs Gästebuch: "Deutschland über alles".

Der Saubermann - Michael Bloomberg

Foto: © Eduardo Munoz / Reuters/ REUTERS

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ist vielleicht der angesehenste Unternehmer in der Politik: Er regiert frei von Skandalen. Der 70-Jährige hat ein Vermögen mit seiner Finanz- und Nachrichtenagentur Bloomberg gemacht. Sein Vermögen beläuft sich auf rund 18 Milliarden Dollar. Als Bürgermeister feiert er Erfolge: Er stabilisierte den Haushalt der verschuldeten Stadt, bekämpfte die Kriminalität und verbesserte das Schulwesen. 2009 wählten ihn die New Yorker deshalb erneut zum Stadtoberhaupt, zum dritten Mal in Folge. Die "New York Times" lobte, der Finanzexperte habe "weitere vier Jahre verdient".

Der Teflon-Baron - Karl-Theodor zu Guttenberg

Foto: ? Michaela Rehle / Reuters/ REUTERS

Karl-Theodor zu Guttenberg kam, sah, siegte - und fiel über sich selbst. Der schwerreiche Adelsspross eroberte die deutsche Politik im Sturm, stieg innerhalb weniger Monate vom einfachen Abgeordneten zum Wirtschafts- und dann zum Verteidigungsminister auf. Er galt sogar als potentieller Merkel-Nachfolger im Amt des Bundeskanzlers. Skandälchen wie die Kunduz-Affäre schienen Guttenberg nichts anhaben zu können. Doch dann stürzte er jäh über seine Doktorarbeit, die sich als Plagiat entpuppte - was Guttenberg bis heute bestreitet.

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