Taxonomie EU-Kommission stuft Atomkraft und Gas als nachhaltig ein

Ungeachtet massiver Kritik stuft die EU-Kommission Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich ein. Das kündigte die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness in Brüssel an.
Französisches Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze

Französisches Atomkraftwerk Cattenom nahe der deutschen Grenze

Foto: A2800 epa Karaba/ dpa

Die Europäische Kommission hat ein Klimasiegel für Atomenergie und Gas beschlossen. Gas wie Kernkraft werden in die sogenannte Taxonomie-Verordnung aufgenommen, mit der Milliardeninvestitionen in »grüne« Energien angekurbelt werden sollen. Das teilte die EU-Kommission in Brüssel mit.

Die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness sagte, der Rechtstext der Kommission sei »vielleicht nicht perfekt«, er biete aber »eine echte Lösung« für das Ziel der EU, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Dafür sind nach Angaben der Kommission jährliche Investitionen von 350 Milliarden Euro nötig.

Mit der Taxonomie sollen Finanzströme gezielt in nachhaltige Technologien fließen. Kritiker monieren, dass mit Atom und Gas die Taxonomie aber Glaubwürdigkeit verliert und am Ende von Investoren am Kapitalmarkt nicht akzeptiert werden könnte.

Änderungen möglich, aber unwahrscheinlich

Die Bundesregierung hatte sich gegen die Aufnahme der Atomkraft stark gemacht, die Bundesregierung kündigte an, den vorgelegten Rechtsakt zu prüfen. »Wir haben jetzt vier Monate Zeit, das zu prüfen, was die Kommission jetzt tatsächlich vorlegt«, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Die Koalition werde sich erst mal »darüber beugen, was jetzt tatsächlich von Brüssel vorgelegt worden ist«.

Auch aus anderen Ländern gab es Kritik. Spanien, Dänemark, die Niederlande und Schweden lehnen eine nachhaltige Einstufung von Gas ab, hieß es Anfang der Woche in einem Brief an die Kommission, das Deutschland wiederum als sogenannte Brückentechnologie fördern will. Österreich und Luxemburg kündigten an, gegen den Rechtsakt zu klagen.

Auch wenn die Mitgliedsländer der Europäischen Union sich, so wie Deutschland, nun über den Rechtsakt beugen, um die eingeschlagene Richtung noch zu ändern, so sind Änderungen dennoch unwahrscheinlich: Es bräuchte eine Mehrheit im Europäischen Parlament dafür oder ein Veto von 20 der 27 EU-Länder.

Allerdings hat die EU-Kommission gegenüber dem vorläufigen Entwurf von Ende 2021 auch bereits kleinere Anpassungen gemacht. Berlin setzte dabei durch, dass die Auflagen für Gas gelockert werden.

apr/mamk/Reuters/AFP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren