Teure FFP2-Masken auf Staatskosten Apothekerlobby bestreitet Einflussnahme auf überhöhte Maskenpreise

Bis zu sechs Euro pro Maske zahlte der Staat an Apotheken, die FFP2-Masken an Risikogruppen verteilten – bei einem Großhandelspreis von rund 1,22 Euro. Der Apothekerdachverband weist Kritik zurück.
Lukratives Schutzgeschäft: Bis zu sechs Euro bekamen Apotheken vom Staat pro abgegebener FFP2-Maske erstattet

Lukratives Schutzgeschäft: Bis zu sechs Euro bekamen Apotheken vom Staat pro abgegebener FFP2-Maske erstattet

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Friso Gentsch / dpa

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) wehrt sich gegen den Vorwurf der Geldmacherei mit extrem teuren FFP2-Schutzmasken, die sich Risikogruppen im Winter bei den Apotheken auf Staatskosten abholen konnten.

Man habe nichts mit der Preisbildung dieser FFP2-Masken zu tun gehabt, sagte eine ABDA-Sprecherin dem SPIEGEL. Den Betrag von zunächst sechs Euro pro Maske, den Apotheken nach der kostenlosen Abgabe an Risikogruppen vom Staat erstattet bekamen, hätten allein das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) und die beauftragten Wirtschaftsprüfer von EY festgelegt.

Berichten  von »Süddeutscher Zeitung«, NDR und WDR zufolge waren FFP2-Masken im Großhandel Ende November für durchschnittlich nur 1,22 Euro zu haben. Entsprechend üppig waren die Gewinnmargen für die Apotheker. »Wir haben uns dumm und dämlich verdient«, zitiert der NDR den Berliner Apotheker Detlef Glaß.

Kosten für die Steuerzahler: Rund zwei Milliarden Euro

Anfang Februar senkte das Ministerium den Erstattungspreis auf 3,90 Euro: gegen massiven Widerstand der Apothekerlobby. Zu diesem Zeitpunkt waren die FFP2-Masken im Großhandel für deutlich unter einem Euro zu haben.

Insgesamt dürfte die Verteilaktion die Steuerzahler rund zwei Milliarden Euro gekostet haben. Spahn höchstpersönlich soll sie laut den Berichten gegen erhebliche Bedenken mehrerer Referate seines eigenen Ministeriums durchgeboxt haben, so die Berichte.

Gegenüber dem SPIEGEL erklärt die ABDA in einer Stellungnahme, die Vergütung sei »keinesfalls überhöht« gewesen. Die Präsenzapotheken seien kurzfristig beauftragt worden, »quasi über Nacht die Versorgung von rund dreißig Millionen Risikopatienten mit hochwertigen Schutzmasken zu bewerkstelligen«. Andere verlässliche Versorgungswege habe es nicht gegeben, schreibt die Spitzenorganisation der deutschen Apothekerinnen und Apotheker.

»Wir haben uns dumm und dämlich verdient.«

Detlef Glaß, Apotheker

»Zu diesem Zeitpunkt waren Schutzmasken am Markt nur begrenzt zu bekommen, und die Preise waren höher als heute und zudem stark schwankend«, behauptet der Dachverband. »Die Apotheken hatten erheblichen Aufwand damit, die Masken rechtzeitig zu besorgen, Angebote zu sichten und die Qualität der Masken zu beurteilen.«

Um den Einkauf teils großer Kontingente vorzufinanzieren, hätten sie teilweise Kredite aufgenommen. Zudem habe man Masken aus größeren Gebinden umverpacken und die Anspruchsberechtigung der Patienten überprüfen, zusätzliches Personal mobilisieren und teils bauliche Veränderungen vornehmen müssen.

Mehrere Apotheker haben angekündigt, die Einnahmen oder Masken zu spenden – zum Missfallen der ABDA. Da nicht jede Apotheke die gleiche Kostenstruktur habe, könne es sein, »dass die Vergütung für eine sehr günstig wirtschaftende Apotheke auskömmlicher war als für andere«, schreibt der Dachverband. »Wenn nun einzelne Apotheken die Maskenverteilaktion offensichtlich für individuelle Marketingzwecke eingesetzt haben, entsteht der falsche Eindruck, die Mehrheit der Betriebe hätte unangemessene Gewinne erzielt.«

Dies sei »angesichts der enormen Belastung und guten Versorgungsleistung der Apotheken ebenso ärgerlich wie bedauerlich«, meint die ABDA. »Wie schwer solche Aktionen zu bewältigen sind, zeigt sich derzeit bei der Versorgung mit Schnelltests, die nicht über die Apotheken organisiert wurde und schleppend läuft.«

clh
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