Trotz Wirtschaftskrise Job-Boom erreicht jetzt auch Langzeitarbeitslose

Jobcenter in Erfurt: Positiver Trend auf dem Arbeitsmarkt
Foto: Martin Schutt/ dpaHamburg - Die hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen ist wohl das größte Problem des deutschen Arbeitsmarktes. In kaum einem anderen Industrieland sind so viele Menschen seit mehr als einem Jahr ohne Job. Doch der positive Trend der vergangenen Monate scheint auch in diesem Bereich zu einer Besserung zu führen. Erstmals seit der Einführung der Arbeitsmarktreform Hartz IV ab 2005 ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen unter die Marke von zwei Millionen Personen gesunken.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) präsentierte die Zahl nun stolz: "Aktuell ist die Lage der Arbeitslosen in Hartz IV so erfreulich wie nie", sagte Heinrich Alt, der bei der BA für die Grundsicherung zuständig ist, der "Rheinischen Post". Er rechne damit, dass die Zahl auch im Oktober unter zwei Millionen bleiben werde, sagte Alt. "Einen solchen Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit hat es seit Einführung von Hartz IV noch nicht gegeben."
Der Job-Boom mag auf den ersten Blick erstaunen - immerhin kriselt mittlerweile die Konjunktur auch in Deutschland. Allerdings hinkt der Arbeitsmarkt der Konjunktur oft hinterher, der jetzige Job-Aufschwung ist daher wohl ein Resultat des Wirtschaftsaufschwungs in den vergangenen Monaten.
Tatsächlich haben viele Arbeitslose in den vergangenen Jahren den Weg zurück in den Arbeitsmarkt gefunden - allerdings hat vor allem die Zahl der Mini- und Teilzeitjobs drastisch zugenommen. So hat sich die Zahl der Deutschen, die Teilzeit arbeiten, seit 2000 mehr als verdreifacht, statt drei Millionen waren es im vergangenen Jahr bereits zehn Millionen Bürger. Damit ist der Zuwachs einer Studie zufolge stärker ausgefallen als in den meisten anderen europäischen Ländern.
Jeder Vierte würde gerne mehr arbeiten
Von 2000 bis 2010 habe die Zahl der Teilzeitstellen hierzulande um drei Millionen auf insgesamt rund zehn Millionen zugenommen, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten stieg laut "Saarbrücker Zeitung" von 19 auf 26 Prozent aller Erwerbstätigen. Deutschland übertreffe damit den EU-Durchschnitt von derzeit 19 Prozent deutlich.
Laut DIW arbeitet jeder fünfte Betroffene Teilzeit, weil er keine Vollzeitstelle fand, wie die Zeitung berichtete. Jeder vierte Teilzeitjobber würde demnach gerne mehr Stunden arbeiten als derzeit. Gründe für Teilzeitarbeit sind laut Studie vor allem die Betreuung von Kindern, Pflegebedürftigen oder eine Ausbildung.
Der Kreis der Betroffenen habe sich laut Studie geändert, berichtet die Zeitung weiter. Zwar überwiegen demnach immer noch die Frauen, von denen 45 Prozent in Teilzeit arbeiten. Aber auch bei den Männern hat sich der Anteil deutlich erhöht: Mit jetzt zehn Prozent aller Erwerbstätigen arbeiteten im vergangenen Jahr doppelt so viele Männer wie zehn Jahre zuvor.
Bei den Geringqualifizierten habe sich die Quote auf 33 Prozent erhöht, bei den mittelmäßig Qualifizierten von 21 auf 28 Prozent. Bei den Hochqualifizierten stieg der Anteil von 14 auf 19 Prozent. Alle drei Gruppen lägen deutlich über dem EU-Durchschnitt. Die DIW-Forscher sprechen von einem "robusten Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt".