Umstrittener Bundesbanker Sozialverband wirft Sarrazin Rassismus vor

Nach seinen abfälligen Äußerungen über Einwanderer muss Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin weiter harsche Kritik einstecken: Er habe die Grenze zu rassistischen Äußerungen erreicht, bemängelt der Paritätische Wohlfahrtsverband und fordert seinen Rücktritt.
Thilo Sarrazin: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt"

Thilo Sarrazin: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt"

Foto: Z5327 Soeren Stache/ dpa

Osnabrück - Um den Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wird es einsam. Nach den umstrittenen Äußerungen über Migrantengruppen wenden sich SPD-Politiker von ihm ab, und Bundesbank-Chef Axel Weber legt ihm den Rücktritt nahe. Sarrazins Rückzug hat nun auch der Paritätische Wohlfahrtsverband gefordert. Er habe die "Grenze zu rassistisch und sozialdarwinistischen Äußerungen erreicht, wenn nicht bereits überschritten", warfen die Vorsitzende Heidi Merk und ein dem Paritätischen Wohlfahrtsverband angehörender Zusammenschluss von über hundert Migrantenorganisationen Sarrazin in einem Brief vor. Das berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung" in ihrer Donnerstagsausgabe.

Anhänger neonazistischen Gedankenguts hätten Sarrazin bereits beigepflichtet und "werden sich freuen, dass ihre latent-aggressive und verächtliche Sprache nun auch schon in Vorstandsetagen gedrungen ist", schreibt das Blatt unter Berufung auf das Schreiben. Sarrazin sei als Spitzenrepräsentant einer öffentlichen Institution wie der Bundesbank nicht mehr tragbar.

Der frühere Berliner SPD-Finanzsenator hatte in einem Interview mit der Zeitschrift "Lettre International" Türken und Araber kritisiert und unter anderem erklärt: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert." Die Lösung des Problems könne nur heißen: kein Zuzug. Der 64 Jahre alte Sarrazin ist seit 1. Mai im Bundesbank-Vorstand. Zuvor war der SPD-Politiker sieben Jahre lang Finanzsenator in Berlin.

"Abwertend, niedermachend, destruktiv"

Auch die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John, CDU, warf Sarrazin Rassismus vor. "Was er sagt, ist abwertend, niedermachend, destruktiv und ausgrenzend", sagte sie der "Frankfurter Rundschau". "Nach der allgemeinen Definition, was rassistisch ist, könnte man seine Äußerungen da einordnen." Mit den tatsächlichen Verhältnissen hätten die angeblichen Wahrheiten Sarrazins nichts zu tun. Was sie erkenne, seien oft gehörte Ressentiments bei einzelnen Bürgern der Stadt, die besonders da kursierten, wo die unmittelbare Begegnung mit Einwanderern nicht stattfinde.

John forderte Sarrazins Rücktritt: "Das ist Stammtisch-Talk. Nur wissen diejenigen, die am Stammtisch sitzen, dass sie bierselig sind und das nicht so ganz ernst meinen. Herr Sarrazin aber ist Vorstandsmitglied der Bundesbank." Leute in einer solchen gehobenen Position, die zur politischen und finanziellen Elite gehörten, müssten wissen, was sie mit ihren Aussagen bewirken.

kgp/ddp/dpa
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