Hängepartie bei der US-Wahl Ölpreis steigt, Aktienmärkte verlieren

Ölförderung in Oklahoma City: Wenn Trump bleibt, könnten es Importe aus Iran weiterhin schwer haben
Foto:Sue Ogrocki / AP
Der bisher noch unklare Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA hat für Verunsicherung an den Märkten gesorgt. Der Ölpreis stieg unterdessen weiter: Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Morgen 40,62 Dollar – 91 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate stieg um 86 Cent auf 38,52 Dollar.
Marktbeobachter sprachen aufgrund der unerwartet guten Aussichten für den Amtsinhaber Trump von einer gestiegenen Risikofreude. Aus Sicht von Warren Patterson, Rohstoffexperte der ING-Bank, steigt deshalb auch der Ölpreis – und würde durch einen Wahlsieg Trumps weiter gestützt. Der Grund: Sollte Trump bleiben, wäre eine Rückkehr Irans auf den Weltmarkt für Rohöl deutlich weniger wahrscheinlich. Folglich wäre das Ölangebot geringer und der Preis höher.
Auch die Ölindustrie in den USA könnte von einer weiteren Amtszeit des Republikaners profitieren. Im Gegensatz zu Trump steht sein demokratischer Kontrahent Joe Biden für einen umweltfreundlicheren Kurs und könnte die in den vergangenen Jahren boomende US-Fracking-Industrie im Falle eines Wahlsieges zusätzlichen Auflagen unterwerfen.
UBS: Biden wäre besser für den Dax
An den Finanzmärkten hatte man zuvor auf einen eindeutigen Wahlausgang gehofft, doch das Kopf-an-Kopf-Rennen Donald Trumps und Joe Bidens in wichtigen Swing States ist noch offen. Beide können den Kampf um das Weiße Haus noch gewinnen.
Zu Handelsbeginn an den Börsen in Europa blieben Anleger daher zurückhaltend. Die Angst vor einem umstrittenen Ausgang der Wahl schreckte Käufer ab. Der deutsche Leitindex Dax verlor zur Eröffnung 1,5 Prozent auf 11.903 Punkte. Auch die Wiener Börse startete im Minus. Der Leitindex ATX gab gegen 9.15 Uhr um 1,33 Prozent nach.
"Jetzt ist genau das passiert, was im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl so ganz und gar nicht das Wunschszenario der Börsen war", sagte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. Obwohl aus vielen wichtigen US-Bundesstaaten noch keine endgültigen Ergebnisse vorlagen, erklärte sich Trump zum Wahlsieger – ohne dafür Belege zu liefern. Zugleich sprach er von Betrug an den Wählern und kündigte an, vor den Obersten Gerichtshof ziehen zu wollen.
"Wir erleben, wie eine Albtraumsituation wahr wird, denn jetzt geht es um juristische Kämpfe", sagte der Analyst Naeem Aslam vom Brokerhaus Avatrade. Diese Unsicherheit mache die Händler nervös, insbesondere nachdem Trump das Wort "Betrug" verwendet habe.
Bei den Einzelwerten gehörte der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia zu den wenigen Gewinnern im Dax. Die Aktien legten zum Handelsstart 1,3 Prozent zu. Der Konzern erwartet, dass das Ergebnis 2020 trotz der Coronakrise am oberen Ende der Prognose liegen werde. Dagegen geben die Titel von BMW in den ersten Handelsminuten 3,4 Prozent nach. Trotz eines deutlichen Gewinnanstiegs im dritten Quartal blickte der Autobauer zurückhaltend auf das Gesamtjahr.
Für den Dax insgesamt, prognostiziert Maximilian Kunkel von der UBS in Deutschland, dürfte sich ein Sieg Joe Bidens positiver auswirken als ein erneuter Wahlerfolg Donald Trumps. "Ein weniger martialischer und erratischer Umgang mit den wichtigsten Handelspartnern sollte für mehr Planungssicherheit bei Unternehmen und Marktteilnehmern sorgen."