Einkommensvergleich-Studie Was Deutschland im Portemonnaie hat

Blick auf Heilbronn: Laut Studie die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen bundesweit
Foto: Christoph Schmidt / dpaDer Süden ist reicher als der Norden, der Westen reicher als der Osten: Die regionalen Einkommensunterschiede in Deutschland sind nach wie vor erheblich, wie aus einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Sie stützt sich auf die aktuellsten verfügbaren Daten aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Länder für 2019.
Der Studie zufolge war beim Einkommensvergleich unter allen 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten zuletzt Heilbronn der Spitzenreiter – mit einem durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen von 42.275 Euro. Auf Platz zwei folgte der Landkreis Starnberg mit 38.509 Euro.
Zum Vergleich: Bei den Schlusslichtern Gelsenkirchen und Duisburg lag das Pro-Kopf-Einkommen mit 17.015 Euro beziehungsweise 17.741 Euro nicht einmal halb so hoch. Dennoch ist das Einkommensgefälle von West nach Ost auch mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung nicht verschwunden.
So gibt es laut WSI in den neuen Ländern mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark nur einen Kreis, in dem das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen mit 24.127 Euro den Durchschnitt für die Bundesrepublik von 23.706 Euro überschreitet.
Unter dem verfügbaren Einkommen verstehen die Wissenschaftler das Primäreinkommen, als die Summe der Einkommen aus Vermögen und Erwerbstätigkeit – minus Sozialbeiträge, Einkommensteuern, Vermögensteuern und sonstige direkte Abgaben. Dazu rechnen sie Sozialleistungen und sonstige öffentliche Transfers. Zudem werden etwa Leistungen wie Kfz- oder Haftpflichtversicherungen hinzugezählt.
Als Ergebnis steht dann das am Wohnort verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, das für Konsum verwendet oder gespart werden kann. Schließlich wurde das verfügbare Einkommen durch die Gesamtbevölkerung dividiert, um das Pro-Kopf-Einkommen zu erhalten.
Kaufkraftbereinigter Unterschied zwischen Ost und West: zwölf Prozent
In den alten Ländern besteht beim Blick auf dieses Einkommen zudem ein Nord-Süd-Gefälle. Im Durchschnitt liege das Pro-Kopf-Einkommen in Bayern und Baden-Württemberg etwa 2600 Euro höher als im übrigen Westdeutschland, berichteten die Forscher.
Insbesondere in einigen kleineren Städten oder ländlichen Gebieten mit sehr hohen Einkommen werde das Durchschnittseinkommen außerdem durch eine überschaubare Zahl sehr reicher Haushalte spürbar beeinflusst, betonten die Wissenschaftler. So sei die Spitzenposition von Heilbronn im Einkommensranking wohl nicht zuletzt auf Dieter Schwarz, den in der Region ansässigen Eigentümer der Discounterkette Lidl und seine Stiftungen zurückzuführen.
Die Auswirkungen der Unterschiede beim verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen werden laut WSI allerdings durch staatliche Umverteilung mithilfe von Steuern und Sozialleistungen etwas verringert. »Die Analyse zeigt, dass das System staatlicher Abgaben und Transfers, zu denen etwa Kindergeld, Arbeitslosengeld oder Rentenzahlungen zählen, einen erheblichen Beitrag zur Angleichung der Einkommen in der Bundesrepublik leistet«, schreiben die WSI-Forscher. Dies trage auch dazu bei, dass die Lebensverhältnisse in Deutschland regional nicht noch deutlich weiter auseinandergingen.
Außerdem trägt das regional unterschiedliche Preisniveau der Studie zufolge unter dem Strich ebenfalls zu einer gewissen Angleichung der Einkommen bei. Regionen mit hohem Einkommen hätten tendenziell auch höhere Mieten und sonstige Preise. »Die Leute haben dann zwar mehr Geld im Portemonnaie, können sich aber nicht in gleichem Maße mehr leisten«, so WSI-Wissenschaftler Toralf Pusch.
Kaufkraftbereinigt fallen die Einkommen in Ostdeutschland so etwas höher aus. Es verbleibe aber ein realer Einkommensunterschied von zwölf Prozent. Der nivellierende Effekt unterschiedlicher Preisniveaus sei allgemein weitaus geringer als jener der Umverteilung, schreiben die Forscher. Auch preisbereinigt bleiben laut Studie Heilbronn und die Landkreise Starnberg und Miesbach die Regionen mit den höchsten Einkommen.