Vergleich in der Euro-Zone Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland am größten

Manche haben Millionen, andere nur Schulden: Laut einer DIW-Studie sind die Vermögen in keinem Euro-Land so ungleich verteilt wie in Deutschland. Der durchschnittliche Besitz von Arbeitslosen hat sich seit 2002 fast halbiert.
Menschenmenge in Frankfurt am Main: Mit 820.000 Euro zählt man zum reichsten Prozent

Menschenmenge in Frankfurt am Main: Mit 820.000 Euro zählt man zum reichsten Prozent

Foto: Arne Dedert/ picture alliance / dpa

Hamburg - Während weite Teile Europas unter der Euro-Krise leiden, sind Wachstum und Beschäftigung in Deutschland robust. Dennoch sind die Vermögen hierzulande so stark konzentriert wie nirgendwo anders in der Euro-Zone. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung  (DIW) im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

2012 lag der Gini-Koeffizient, der die Vermögensverteilung in einem Land misst (siehe Kasten unten), bei 0,78. Damit liegt Deutschland vor Griechenland oder Italien - Länder, in denen nach gängiger Vorstellung extremer Reichtum auf bittere Armut trifft. Dass die Reichen in Deutschland reicher und die Armen ärmer werden, bestätigt die Studie aber nur teilweise: In den vergangenen zehn Jahren verharrte die Ungleichheit etwa auf gleichem Niveau.

Insgesamt verfügten die Deutschen 2012 netto über rund 6,3 Billionen Euro Geld- und Sachvermögen. Das Medianvermögen lag aber lediglich bei 17.000 Euro. Das Medianvermögen beschreibt dasjenige Vermögen, das exakt in der Mitte der Vermögensverteilung liegt. 50 Prozent der Menschen haben also ein höheres Vermögen, 50 Prozent ein niedrigeres.

Ab einem Besitz von etwa 820.000 Euro gehört man zum reichsten Prozent der Deutschen. Andererseits verfügt gut ein Fünftel aller Erwachsenen über gar kein Vermögen. Bei rund sieben Prozent der Erwachsenen sind die Schulden sogar größer als der Besitz.

Ostdeutsche holen auf

Über hohe Vermögen verfügen vor allem Unternehmer: Selbständige mit mindestens zehn Angestellten besitzen im Mittel knapp eine Million Euro, durchschnittliche Angestellte mit umfassenden Führungsaufgaben über 210.000 Euro. Facharbeiter besitzen durchschnittlich 45.000 Euro Geld- und Sachvermögen, un- und angelernte Arbeiter oder Angestellte 33.000 Euro.

Auch die Unterschiede zwischen Ost und West sind weiterhin deutlich: In Westdeutschland liegt das Medianvermögen bei 21.000, in Ostdeutschland nur bei 8000 Euro. Allerdings holen die Menschen in den neuen Bundesländern auf: Dort stieg das Medianvermögen seit 2007 statistisch signifikant an, was die Forscher auf die sinkende Arbeitslosigkeit zurückführen.

Schlechter geht es dagegen den Arbeitslosen: Ihr Nettovermögen ist seit 2002 von 30.000 auf 18.000 Euro gesunken. "Das ist die einzige soziale Gruppe, die in den letzten zehn Jahren signifikant Vermögen eingebüßt hat", sagt DIW-Forscher Markus Grabka, einer der Autoren der Studie. Gleichzeitig seien Arbeitslose nur selten gut für die Rente abgesichert. Ihnen drohe deswegen Altersarmut.

Der Gini-Koeffizient

Der Gini-Koeffizient ist das gängigste Maß, um die Verteilung etwa von Einkommen oder Vermögen zu beschreiben. Theoretisch kann er Werte von 0 bis 1 annehmen. Ein Gini-Koeffizent von 0 beschreibt eine vollkommene Gleichverteilung. Ein Vermögens-Gini von 0 wäre in Deutschland erreicht, wenn jeder Deutsche exakt über das gleiche Vermögen verfügte.

Ein Gini-Koeffizient von 1 wäre dagegen erreicht, wenn eine Person über alles Vermögen, alle anderen über nichts verfügten. Das Maß wird auch für die Einkommensverteilung herangezogen: Hier schneidet Deutschland mit einem Wert von 0,29 (2009) auch im internationalen Vergleich deutlich besser ab.

ade
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