Vermögensreport Zinswende bremst die Reichen aus – zumindest etwas

Weltweit ist der Klub der Dollarmillionäre vergangenes Jahr gewachsen – auch in Deutschland. Doch einem Report zufolge dürfte die Zinspolitik der Notenbanken die Vermögenden in den kommenden Monaten spürbar treffen.
Segelboot vor Villen am Starnberger See: Reiche haben stets dazugewonnen

Segelboot vor Villen am Starnberger See: Reiche haben stets dazugewonnen

Foto: Ulrich Wagner / picture alliance / dpa

Egal, ob Boom oder Krise – die Zahl der Reichen weltweit ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Auch 2021 sind mehr Dollarmillionäre hinzugekommen und die Wohlhabenden haben ihr Vermögen kräftig gemehrt, wie das Beratungsunternehmen Capgemini errechnet hat. Doch ob die Entwicklung in diesem Jahr so weitergeht, ist fraglich.

Im vergangenen Jahr haben die Vermögenden rund um den Globus von gestiegenen Aktienkursen und der Konjunkturerholung nach der Coronakrise 2020 profitiert. Ihr Vermögen stieg nach Berechnungen von Capgemini gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf den Rekordwert von insgesamt 86 Billionen US-Dollar (rund 82 Billionen Euro).

Zugleich wuchs der Klub der Dollarmillionäre, auch in Deutschland, das zu den drei Ländern mit den meisten Reichen zählt. »Unsere Prognose für 2022 ist allerdings deutlich verhaltener«, sagte Capgemini-Experte Klaus-Georg Meyer mit Blick auf die Gesamtentwicklung.

Nun dreht sich der Wind

Zinserhöhungen der Notenbanken im Kampf gegen die hohe Inflation belasten die Stimmung an den Aktienmärkten und drücken auf die Börsenkurse. Auch bei den Reichen dürfte sich das bereits bemerkbar machen: Nach Schätzungen von Capgemini ist das Vermögen der Menschen, die über ein anlagefähiges Vermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen, weltweit seit Ende vergangenen Jahres bis Ende April 2022 um etwa 4 Prozent geschrumpft.

Deutschland gewinnt 100.000 Millionäre dazu

Im vergangenen Jahr wuchs der Klub der Dollarmillionäre weltweit den Berechnungen zufolge noch einmal kräftig um 7,8 Prozent auf 22,5 Millionen Mitglieder. In Deutschland kamen fast 100.000 Personen oder 6,4 Prozent hinzu. Gezählt wurden hierzulande demnach insgesamt 1,63 Millionen Dollarmillionäre. »Es geht stetig bergauf, wenn wir die letzten Jahre Revue passieren lassen«, sagte Meyer.

Das Gesamtvermögen der Dollarmillionäre in Deutschland stieg den Berechnungen zufolge um 7,4 Prozent auf rund 6,3 Billionen Dollar (rund 6 Billionen Euro). Dazu trugen neben gestiegenen Aktienkursen auch eine höhere Sparquote und der Immobilienboom bei.

Zum Vergleich: Nach Zahlen der Bundesbank belief sich das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland insgesamt Ende vergangenen Jahres auf rund 7,61 Billionen Euro. Berücksichtigt sind dabei Bargeld und Bankeinlagen, Wertpapiere wie Aktien und Fonds sowie Ansprüche gegenüber Versicherungen, nicht jedoch Immobilien.

Deutschland zählt Capgemini zufolge weiterhin zu den Ländern mit den meisten Dollarmillionären. An der Spitze stehen die USA (7,46 Millionen), gefolgt von Japan (3,65 Millionen). China folgt hinter Deutschland auf Rang vier mit 1,54 Millionen vermögenden Privatleuten. »Es ist eine Frage der Zeit, wann China an Deutschland vorbeizieht«, prophezeit Meyer. Insgesamt konzentrieren sich 63,6 Prozent aller Dollarmillionäre weltweit in diesen vier Ländern.

Die großen Gewinner sind die Superreichen

Das stärkste Wachstum wurde den Angaben zufolge im vergangenen Jahr rund um den Globus bei den Superreichen verzeichnet, die über ein anlagefähiges Vermögen von mindestens 30 Millionen Dollar verfügen. Das Gesamtvermögen wuchs um 8,1 Prozent. Die Zahl der Superreichen erhöhte sich um 9,6 Prozent auf etwa 220.000.

Zuletzt veröffentlichte Studien zu dem Thema kommen teilweise zu einem ähnlichen Ergebnis, auch wenn die Zahlen wegen Unterschieden in der Methodik nicht identisch sind. Capgemini berücksichtigt bei dem jährlich erstellten »World Wealth Report« Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, alternative Investments wie privates Beteiligungskapital, Bargeld sowie Immobilien, sofern sie nicht selbst genutzt werden. Sammlungen oder Gebrauchsgüter zählen nicht dazu.

Der »World Wealth Report« 2022 deckt 71 Märkte ab, die für mehr als 98 Prozent des globalen Bruttonationaleinkommens und 99 Prozent der weltweiten Börsenkapitalisierung stehen. Demnach wertet Capgemini statistische Daten der verschiedenen Länder sowie internationaler Organisationen wie der Weltbank aus und befragt Vermögende zu ihrem Anlageverhalten sowie Vermögensverwalter.

mmq/dpa
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