Gewerkschaftsstudie Viele Langzeitarbeitslose mit Schulden- und Suchtproblemen

Agentur für Arbeit: Problemfälle finden zu wenig Unterstützung
Foto: Arne Dedert/ picture alliance / dpaSaarbrücken - Mindestens zwei Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger haben nach einem Zeitungsbericht Schulden- und Suchtprobleme sowie sogenannte psychosoziale Schwierigkeiten. Von den zuständigen Kommunen würden die Betroffenen damit jedoch in den allermeisten Fällen alleingelassen, schreibt die "Saarbrücker Zeitung" unter Berufung auf eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Insgesamt gehe der DGB für das Jahr 2012 von gut 1,1 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfängern mit Schuldenproblemen aus, von denen nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit aber nur 32.500 durch die Kommunen entsprechend beraten wurden. Von den geschätzt 450.000 Hilfebedürftigen mit Suchtproblemen erhielten laut Statistik lediglich 9000 eine Beratung. Von den 900.000 Betroffenen mit psychosozialen Schwierigkeiten wurden laut DGB-Studie nur für 20.000 Personen kommunale Hilfen gemeldet.
"Die Defizite im Hartz-IV-System bestehen vor allem darin, dass das Fordern sehr großgeschrieben wird, aber das Fördern zum Teil viel zu kurz kommt", sagte der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy der Zeitung. Ohne soziale Stabilisierung könnten die Betroffenen nicht nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Die Probleme von Hartz-IV-Empfängern hängen nicht zuletzt mit dem hohen persönlichen Stresslevel zusammen, dem sie ausgesetzt sind. Einer Studie der Krankenkasse DAK zufolge trifft es besonders oft Arbeitslose. Leitende Angestellte und Beamte sind weniger belastet.
Die mangelnde Förderung kann im Extremfall dazu führen, dass die Betroffenen in die Kriminalität abgleiten. Straftäter kämen oft mit oder wegen einer Drogenabhängigkeit ins Gefängnis, sagt der Berliner Mediziner Marc Lehmann. Der Chef des Berliner Justizvollzugskrankenhauses hat als Mitautor des gerade erschienenen Buches "Gesundheit und Haft" die Zahlen aus mehreren regionalen Studien zusammengefasst. Ergebnis: Etwa 45 Prozent der bundesweit ca. 60.000 Häftlinge hätten ein Problem mit Drogen, Alkohol oder Medikamenten. Bei fast allen - 95 Prozent - der Gefangenen gebe es außerdem seelische Störungen.