Weltfinanzkrise USA und Frankreich droht nächster Rating-Schock

Die Rating-Agenturen sprechen den Politikern weltweit ihr Misstrauen aus. Fitch droht den USA mit dem Entzug der Top-Note, Standard & Poor's will laut einem Zeitungsbericht den Ausblick für Frankreich senken. Der Vorwurf: Die Regierungen bekommen ihre Schulden einfach nicht in den Griff.
Standard-&-Poor's-Zentrale in New York: Frankreich droht Abstufung

Standard-&-Poor's-Zentrale in New York: Frankreich droht Abstufung

Foto: Corbis

New York/Frankfurt am Main - Den führenden Wirtschaftsnationen der Welt steht ein harter Winter bevor. Die großen Rating-Agenturen glauben nicht daran, dass die Regierungen ihre Schuldenprobleme lösen können - und erhöhen den Druck auf die Politik: Frankreich droht der Verlust der Top-Bonität, auch die USA könnten erneut herabgestuft werden. Gleichzeitig kühlt sich die Wirtschaft weltweit merklich ab, ein ausgeglichener Haushalt rückt für die meisten Staaten dadurch noch weiter in die Ferne. In ihrer Verzweiflung drängen einige Euro-Länder ihre Banken zur Hilfe. Diese sollen ihnen weiter Staatsanleihen abkaufen.

Laut einem Zeitungsbericht könnte die Rating-Agentur Standard & Poor's in den kommenden zehn Tagen den Ausblick für Frankreichs Spitzenbonität auf "negativ" senken. S&P habe dies der französischen Zeitung "La Tribune" zufolge bereits am vergangenen Freitag mitteilen wollen, die Ankündigung aber aus unbekannten Gründen verschoben. Die Zeitung stützt ihren Bericht auf "mehrere Quellen", ohne konkret zu werden. Ein S&P-Sprecher wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.

Vor wenigen Wochen hatte die Agentur für erhebliches Aufsehen gesorgt, als sie die AAA-Note Frankreichs versehentlich herabstufte. S&P begründete den Missgriff mit einem Computerfehler, nun würde die Agentur diesen Schritt ernsthaft androhen. Bereits in der vergangenen Woche warnten die Konkurrenten von Fitch und Moody's vor Gefahren für Frankreichs Top-Bonität.

Fitch kritisiert das Scheitern der Sparverhandlungen in den USA

Die Staatsanleihen des wirtschaftlich zweitstärksten Euro-Landes hatten zuletzt heftige Kursverluste verbucht, Frankreich konnte sich nur gegen hohe Zinsen neue Schulden beschaffen. Der Kurs des Euro tendierte als Reaktion auf die Meldung kurzzeitig etwas schwächer.

Auch die USA bekommen den Druck der Bonitätswächter zu spüren. Nun hat auch die Rating-Agentur Fitch damit gedroht, der größten Volkswirtschaft der Welt das AAA-Rating zu entziehen - sie senkte den Ausblick für die Kreditwürdigkeit auf "negativ".

Die Agentur gab für ihre Entscheidung zwei Gründe an: Zum einen sei die Politik unfähig, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die öffentlichen Finanzen zu sanieren - erst kürzlich waren die Verhandlungen zwischen Demokraten und Republikanern im sogenannten Super-Kongress über ein Konzept für den Schuldenabbau gescheitert.

Zum anderen seien die Aussichten für das Wachstum in den USA unsicher. Solange die wirtschaftlichen Kapazitäten nicht ausgelastet würden und die Arbeitslosigkeit hoch bleibe, steige laut Fitch das Risiko, dass Produktionsverluste und Steuerausfälle höher als bisher erwartet ausfallen könnten. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnte der US-Schuldenstand von derzeit rund 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 110 Prozent steigen. Bereits im August hatte Standard & Poor's den USA die Top-Note entzogen, allerdings hatte dies keine negativen Auswirkungen auf die Attraktivität von US-Staatsanleihen - im Gegenteil: In der Euro-Krise gelten die US-Bonds als sicherer Hafen für Anleger.

Euro-Staaten zwingen ihre Banken zum Anleihenkauf

Immer mehr Euro-Länder können neue Staatsanleihen dagegen nur noch zu Rekordzinsen ausgeben - nun versuchen einige von ihnen offenbar, ihre heimischen Banken stärker in die Pflicht zu nehmen, um an frisches Kapital zu kommen. So hätten zum Beispiel Italien und Portugal den Druck auf die inländischen Banken erhöht, den Ausverkauf von Staatspapieren nicht fortzusetzen und auch wieder als Käufer solcher Papiere aufzutreten, heißt es in einem Bericht des "Wall Street Journal Europe" unter Berufung auf Insider.

Auf diese Weise solle die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bei den Versteigerungen der Anleihen kleiner und die Zinsen so auf ein erträgliches Maß gedrückt werden. Am Dienstag will Italien in großem Umfang neue Anleihen begeben, am Donnerstag folgt Spanien.

Allerdings stehen auch die europäischen Banken selbst unter Druck - und unter verschärfter Beobachtung der Rating-Agenturen. So könnte Moody's bald die nachrangigen Schulden von 87 Banken aus 15 europäischen Staaten herabstufen. Unter den nachrangigen Schulden versteht man jene Verbindlichkeiten, die bei einer möglichen Insolvenz einer Bank als Letztes bedient werden und daher mit einem höheren Risiko behaftet sind.

Sollten die Institute in finanzielle Schieflage geraten, seien ihre Regierungen möglicherweise zu knapp bei Kasse, um ihnen zu helfen, erklärte die Agentur. Betroffen von der Überprüfung seien vor allem zahlreiche Banken in Spanien, Italien, Österreich und Frankreich, jedoch kein deutsches Institut.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, Moody's und Fitch hätten den Ausblick für die Top-Bonitätsnote Frankreichs bereits gesenkt. Diese Information ist nicht korrekt. Die beiden Rating-Agenturen haben in der vergangenen Woche lediglich auf Gefahren für Frankreichs "AAA"-Note hingewiesen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

fdi/Reuters/dpa-AFX/dapd
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