Das Weltwirtschaftsforum warnt vor zunehmender Ungleichheit und sozialer Spaltung durch Pandemien. Das könne die Wirtschaft bedrohen – und die geopolitische Stabilität schwächen.
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) hat zum gemeinsamen Kampf gegen Pandemien aufgerufen. Die aktuelle Krise verstärke die Ungleichheiten und die soziale Spaltung. Das könne in den nächsten Jahren die Wirtschaft bedrohen – und die geopolitische Stabilität schwächen, heißt es in einer Mitteilung vor dem dieses Jahr erstmals virtuell stattfindenden Jahrestreffen der Politik- und Wirtschaftselite.
Regierungen, Unternehmen und Gesellschaften müssten dringend neue wirtschaftliche und soziale Systeme gestalten, »die unsere kollektive Widerstandsfähigkeit« verbessern, sagte WEF-Managerin Saadia Zahidi bei der Vorstellung des jährlichen Weltrisikoberichts.
Die Corona-Pandemie habe mehr als eine Million Leben gekostet und gesundheitliche, wirtschaftliche und digitale Unterschiede noch vergrößert. Seit 15 Jahren warne der Global Risks Report des WEF vor Gefahren durch Pandemien, so Zahidi. »Wir wissen, wie schwierig es für Regierungen, Unternehmen und andere Stakeholder ist, sich mit solch langfristigen Risiken auseinanderzusetzen, aber durch diese Lektion müssen wir alle erkennen, dass ein Ignorieren der Risiken sie nicht weniger wahrscheinlich macht.«
Pandemie als kurzfristiges Risiko eingestuft
Mit Blick auf das nächste Jahrzehnt sind es laut der Organisation vor allem Klima- und Umweltrisiken, die eine Gefahr darstellten. Gesellschaftliche Konflikte und Ängste würden es schwieriger machen, die Erde noch zu retten. Besonders im Zuge der technologischen Entwicklung besteht laut WEF die Gefahr, dass sich die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößert – laut WEF ein Risiko, insbesondere für junge Menschen.
Das WEF veröffentlicht den Bericht zusammen mit der Versicherung Zurich, dem Risikoberater Marsh und dem Mischkonzern SK Group. Erstmals untersucht er auch, zu welchem Zeitpunkt Risiken als Bedrohung für die Welt gesehen werden. Unterschieden werden:
Kurzfristige Risiken: Zu ihnen zählen unter dem Einfluss der Coronakrise auch Pandemien, ebenso aber auch Arbeitsmarktkrisen und digitale Ungleichheit.
Mittelfristige Risiken: Hierzu gehören etwa wirtschaftliche und technologische Risiken.
Langfristige und damit existenziell Risiken: Hierunter fallen die Gefahr durch Massenvernichtungswaffen, der Zusammenbruch von Staaten und der Verlust der biologischen Vielfalt.
Der Weltrisikobericht gilt als eine Grundlage für Debatten auf dem traditionellen WEF-Jahrestreffen im Schweizer Alpenort Davos. In diesem Jahr kann die Veranstaltung wegen der Pandemie nicht stattfinden, alternativ diskutieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nun vom 25. Januar an online bei der »Davos Agenda« über aktuelle Fragen und Probleme. Geplant sind auch Ansprachen führender Staats- und Regierungschefs.
Konkrete Entscheidungen werden auf dem Weltwirtschaftsforum nur selten getroffen. Allerdings loben viele Entscheidungsträger den »Geist von Davos« wegen der Möglichkeit des Austauschs als Ausgangspunkt für bi- und multilaterale Abkommen.
Kritiker werfen dem WEF vor, es biete vor allem Mächtigen und Reichen eine weithin abgeschottete Plattform, auf der sie Geschäfte und politische Deals einfädeln können. WEF-Gründer Klaus Schwab hat die Tagung aber in den vergangenen Jahren auch immer stärker für Globalisierungsgegner sowie soziale und Umweltorganisationen geöffnet.