Wen Jiabao
Chinas Premier und seine Familie horten 2,7 Milliarden Dollar
Chinas Premier Wen Jiabao ist offenbar zu einem der reichsten Machthaber der Welt aufgestiegen: Der "New York Times" zufolge hat die Familie des scheidenden Staatsmanns ein Vermögen von mindestens 2,7 Milliarden Dollar angehäuft. Die Volksrepublik hat die Internetseite der US-Zeitung gesperrt.
Chinas Premier Wen Jiabao: Reicher Mann, reiche Familie
Foto: PETAR KUJUNDZIC/ REUTERS
Hamburg - Das Bild, das Wen Jiabao gern von sich verbreitet, ist das eines bescheidenden Mannes aus einfachen Verhältnissen. "Meine Familie war bitterarm", sagte Chinas Premier im vergangenen Jahr bei einer Rede. Wen gibt sich zudem gerne volksnah - im Gespräch mit einfachen Leuten, die sich etwa die teuren Lebensmittel angesichts immer höherer Preise nicht mehr leisten können.
Die "New York Times" ("NYT") zeigt nun in einem großen Artikel mit dem Titel "Billions in Hidden Riches for Family of Chinese Leader" ein ganz anderes Bild Wens. Demnach hat der mächtigste Mann Chinas sich und seiner Familie in den Jahren seit seinem politischen Aufstieg ein gigantisches Vermögen beschert. Inzwischen dürfte Wens Clan ein geschätztes Vermögen von mindestens 2,7 Milliarden Dollar angehäuft haben. Wen wurde 1998 Vizeministerpräsident Chinas und im März 2003 Premier.
Der "NYT" zufolge halten Verwandte des Premiers und ihre Freunde beispielsweise Anteile an dem Versicherungskonzern Ping An Insurance in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar. Die Daten stammen aus dem Jahr 2007, wurden aber erst im vergangenen Jahr veröffentlicht. Wens 90-jährige Mutter besaß der Zeitung zufolge einen Anteil allein an Ping An in Höhe von 120 Millionen Dollar. Der Zeitung zufolge lehnten sowohl das Außenministerium als auch befragte Familienmitglieder einen Kommentar zu den Recherchen ab.
Chinas Zensoren dagegen reagierten blitzschnell: Um 5 Uhr morgens Ortszeit, kurz nachdem die "NYT" ihre Enthüllungen online gestellt hatte, wurde die Homepage in China blockiert, berichtet die "Washington Post". Derzeit ist die komplette Internetseite der Zeitung in China noch immer nicht erreichbar, wie ein Journalist vor Ort SPIEGEL ONLINE bestätigte. Selbst der Begriff "NYT" als Suchwort sei gesperrt.
Der Bericht kommt der chinesischen Führung sehr ungelegen. Am 8. November beginnt der Parteitag der KP, auf dem auch ein neuer Parteichef installiert werden soll - voraussichtlich Xi Jinping. Die kommunistische Führung fürchtet, dass Artikel wie der in der "NYT" das Vertrauen in die Integrität der Parteispitze zerstören. Zudem wächst der Unmut angesichts einer hohen Inflation und schwächerer Wachstumszahlen. Entsprechend drakonisch sind die Zensurmaßnahmen. Erst kürzlich war ein Bloomberg-Bericht über Xi Jingpings Vermögen blockiert worden. Die Bloomberg-Seite ist nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen bis heute gesperrt.