Gefahr von höherer Neuverschuldung Wirtschaftsministerium sieht Wahlversprechen der Regierung skeptisch

Können Union und FDP ihre Wahlversprechen erfüllen und dennoch ihre Haushaltsziele erreichen? Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es daran offenbar erhebliche Zweifel, berichtet die "Rheinische Post". Die Neuverschuldung würde sich laut Ministerium im kommenden Jahr "mehr als verdoppeln".

Berlin - Wahlgeschenke sind schnell versprochen und ebenso schnell kritisiert: Die politischen Gegner werfen sich in der Regel gegenseitig vor, die angekündigten Wohltaten gar nicht bezahlen zu können, nach dem Wahltag wird häufig tatsächlich die eine oder andere Maßnahme unter Verweis auf leere Kassen oder die unsolide Haushaltspolitik der Vorgänger verkleinert oder gleich ganz kassiert. Dass aber das Bundeswirtschaftsministerium die Planungen der amtierenden Bundesregierung als unsolide kritisiert, ist zumindest ungewöhnlich. Einem Bericht zufolge ist genau das der Fall.

Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es der "Rheinischen Post" zufolge erhebliche Zweifel an den Haushaltszielen der Bundesregierung, falls Union und FDP ihre Wahlversprechen nach einem Wahlsieg umsetzen sollten. In diesem Fall würde sich die Neuverschuldung des Bundes 2014 um "rund sieben bis acht Milliarden Euro mehr als verdoppeln", zitiert die in Düsseldorf erscheinende Zeitung aus einem Papier des Ministeriums.

Die Neuverschuldung würde nach Berechnungen der Beamten dann nicht wie geplant bei 6,2 Milliarden Euro, sondern bei bis zu 14 Milliarden Euro liegen. "Bei Umsetzung aller Maßnahmen könnte das Ziel eines strukturellen Haushaltsausgleichs wohl nicht eingehalten werden", heißt es dem Bericht zufolge in dem Papier. In den Folgejahren würde die Neuverschuldung "noch deutlicher steigen".

So würde etwa die geplante Abmilderung der kalten Progression im Steuerrecht den Fiskus ab 2015 jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro kosten, rechnen die Beamten im Haus von FDP-Minister Philipp Rösler vor. Die Einnahmeausfälle durch eine schrittweise Absenkung des Solidaritätsbeitrags, wie von der FDP-Bundestagsfraktion vorgeschlagen, würde ein Minus von sechs Milliarden Euro ab 2014 bedeuten, die Anhebung des Kinderfreibetrags Steuerausfälle von jährlich 1,2 Milliarden Euro.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat nach dem Zeitungsbericht Stellung bezogen und bezeichnet das Papier als "internen Vermerk der Fachebene", in dem alle für den Bundeshaushalt und die Finanzplanung zu erwartenden Chancen, aber auch Risiken dargestellt würden - das sei aber "gängige Praxis". In dem Vermerk werde deutlich, "dass bei Eintritt eines allerdings nicht zu erwartenden 'worst-case-Szenarios' der strukturelle Haushaltsausgleich gefährdet wäre".

nck/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten