IW-Studie So groß ist die Wohnungsnot in deutschen Metropolen

Köln, München oder Stuttgart: In deutschen Großstädten fehlt Wohnraum. Wie groß der Mangel ist, zeigt eine neue Untersuchung. Doch nicht überall herrscht Wohnungsnot.
IW zur Wohnungskrise in Köln: Bedarf an Neubauwohnungen seit 2016 nicht mal zur Hälfte gedeckt

IW zur Wohnungskrise in Köln: Bedarf an Neubauwohnungen seit 2016 nicht mal zur Hälfte gedeckt

Foto: Oliver Berg/dpa

Die Große Koalition hat sich 1,5 Millionen neue Wohnungen in der laufenden Amtsperiode zum Ziel gesetzt. Doch die Zahl der 2018 fertiggestellten Wohnungen stagniert laut Statistischem Bundesamt mit etwas mehr als 285.000 in einer ähnlichen Größenordnung wie im Vorjahr. Um das Ziel zu erreichen, hätten es - gerechnet auf vier Jahre - mindestens 375.000 sein müssen. Wie ausgeprägt dieses Problem in Großstädten ist, hat eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nun gezeigt.

In den deutschen Metropolen werden demnach viel zu wenige Wohnungen gebaut. So sei der Bedarf an Neubauwohnungen in Köln seit 2016 noch nicht mal zur Hälfte gedeckt worden (46 Prozent). Die Autoren verglichen hierbei die Zahl der in den vergangenen drei Jahren fertiggestellten Wohnungen mit dem Bedarf, den sie anhand von Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung und Leerständen schätzten.

In anderen Großstädten sieht es ebenfalls schlecht aus: So wurden in Stuttgart 56 Prozent der Wohnungen gebaut, die nötig gewesen wären. Nur etwas besser war die Lage in München mit 67 Prozent sowie Berlin und Frankfurt am Main mit 73 beziehungsweise 78 Prozent.

"Hier fehlen nicht nur aktuell Wohnungen, sondern auch längerfristig bedarf es einer weiteren Steigerung der Bautätigkeit", schreiben die Autoren Ralph Henger und Michael Voigtländer. Auch in vielen Universitätsstädten wie Münster werde zu wenig gebaut. Als Gründe gelten der starke Zuzug in die Städte, das knappe Personal in Bauämtern, strenge Vorschriften und der Fachkräftemangel in der Bauwirtschaft. Henger: "Man kommt mit dem Bauen nicht hinterher."

Auf dem Land wird zu viel gebaut

Die Städte müssten sich anstrengen, um die Mietenentwicklung zu bremsen, mahnen die Autoren. Entscheidend sei in den Metropolen die Bereitstellung von Bauland, um Investoren anzulocken. Zudem sollten mancherorts alte Gebäude umgebaut werden, anstatt neue zu errichten. Auch sollten der Bund und das Land finanziell klamme Städte wie Köln stärker unterstützen, etwa für den Ausbau des Nahverkehrs. Wenn das Umland besser angeschlossen wäre, würde das Wohnen dort attraktiver und der innerstädtische Druck des Wohnungsmarkts würde sich etwas abschwächen.

Ganz anders sieht es auf dem Land aus: Dort wird mancherorts zu viel neu gebaut, etwa in Sachsen-Anhalt, Sachsen, im Saarland und in den Randgebieten Bayerns. "Obwohl es auf dem Land viel Leerstand gibt, entstehen relativ viele Neubauten, die bevorzugt werden, obwohl Umbauten im Altbestand vielerorts sinnvoller sind", so Studienautor Henger.

Durch Neubaugebiete vor den Türen von Kleinstädten verlieren Stadt- und Dorfzentren an Bedeutung und das Leerstand-Problem verschärfe sich da. "Kommunen auf dem Land fernab der Metropolen sollten ein besseres Flächenmanagement betreiben, um attraktiv zu bleiben und Leerstände in der Ortsmitte zu vermeiden." Der Grundsatz "Umbau vor Neubau" sei hier wichtig. In einem Drittel der deutschen Kreise sollte "die Bautätigkeit im Neubau gebremst werden, um ein Überangebot zu vermeiden", heißt es in der Studie.

Lesen Sie hier: So teuer ist Wohnen seit 2008 geworden

In den Jahren 2019 und 2020 werden den IW-Forschern zufolge deutschlandweit 342.000 neue Wohnungen benötigt, um den Bedarf zu decken. Doch der Wert von 2018 dürfte auch dieses Jahr nicht deutlich anspringen - die Nachfrage bleibt also hoch.

Immerhin eine halbwegs gute Nachricht enthält die Untersuchung auch. Denn perspektivisch könnte sich das Problem Wohnungsknappheit etwas entschärfen: Nach Schätzung der Studienautoren sinkt der Bedarf bis 2025 auf jährlich rund 260.000 und bis 2030 auf rund 246.000 Wohnungen. Hauptgrund hierfür: Die zu erwartende sinkende Zuwanderung, die nicht dauerhaft auf einem Niveau von mehr als 400.000 Menschen pro Jahr bleiben dürfte.

Im Video: Wohnungsnot in Deutschland - Modernes Wohnen

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apr/dpa
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