Streit um Haushaltsüberschuss SPD wirft Schäuble "Tilgungs-Fetisch" vor

Finanzminister Wolfgang Schäuble
Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFPDer Staat hat 2016 einen Haushaltsüberschuss von 6,2 Milliarden Euro gemacht. Gibt es vor der Bundestagswahl im Herbst also womöglich noch Spielraum für Steuersenkungen? Nicht, wenn es nach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht. Er bemüht sich, die Diskussion um Steuersenkungen und neue Ausgaben zu beenden, noch bevor sie angesichts erneut guter Kassenlage des Bundes an Fahrt gewinnt.
Anstatt die bisherige Finanzreserve für die Flüchtlingskosten von bisher knapp 13 Milliarden Euro nochmals aufzustocken, sollte das zusätzliche Geld zur Schuldentilgung genutzt werden, sagte ein enger Schäuble-Mitarbeiter im Finanzministerium.
Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung der Etatvorgaben werde dem Parlament unterbreitet. Jetzt sei weder die Zeit für eine Steuerdebatte noch für neue Begehrlichkeiten an anderer Stelle, wurde betont. Die Schuldentilgung sei die sinnvollste Maßnahme und ein Signal an die internationalen Partner. Der Bund steht mit gut 1,27 Billionen Euro in der Kreide.
Heftige Attacke der SPD
Scharfer Widerspruch kam vom Koalitionspartner. "Mit seinem Tilgungs-Fetisch würgt Herr Schäuble dringend benötigte Investitionen in die Zukunft unseres Landes ab", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Schäuble solle Geld bereitstellen, um gammelige Schulen und marode Brücken zu sanieren sowie das schnelle Internet auf dem Land auszubauen.
Es sei "völlig irrsinnig, den Sanierungs- und Investitionsstau immer weiter anwachsen zu lassen", meinte Barley. Dieser Kurs von Schäuble und der Union werde die Bürger teuer zu stehen kommen.
Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider: Zahlreiche Studien kämen zum Schluss, dass Deutschland eine erhebliche Investitionslücke aufweise. Deshalb komme es darauf an "Gelder zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit unseres Landes" einzusetzen.
Gute Wirtschaftslage
Die hohen Steuereinnahmen sind auch Folge des robusten Wirtschaftswachstums. 2016 wuchs die deutsche Wirtschaft um 1,9 Prozent und damit - trotz Brexit-Schock - stärker, als in den ebenfalls guten Vorjahren. 2015 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,7 Prozent gestiegen, im Jahr davor um 1,6 Prozent.
Das Statistische Bundesamt wies für den Bund einen Überschuss von 10,4 Milliarden Euro aus. Dass er höher ausfällt, liegt an unterschiedlichen Berechnungsmethoden. So beziehen die Statistiker unter anderem auch die für 2016 zusätzlich geplanten 3,5 Milliarden Euro für Kommunalinvestitionen in das Plus des Bundes ein. Dieses Geld ist 2016 noch nicht abgeflossen.
Es ist der zweite Etat-Überschuss des Bundes in Folge. Das Plus fällt um etwa die Hälfte geringer aus als 2015. Eigentlich müsste der Etat-Überschuss nach den geltenden Regeln automatisch in die bereits gebildete Rücklage für die Finanzierung der Flüchtlingskosten fließen.