Rohstoffmärkte Zentralbanken decken sich mit Gold ein

Goldbarren: Notenbanken stocken ihre Bestände auf
Foto: Db Heraeus/ dpaDie im Zuge des Preissturzes von rund 1600 auf gut 1320 Dollar aufkommenden Zweifel am Status des Edelmetalls als sicherer Hafen beeindruckte die Zentralbanken nicht. Sie nutzten stattdessen die Gelegenheit, günstig einzusteigen, wie aus den monatlichen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) hervorgeht.
Demnach haben die drei früheren Sowjet-Republiken ihre Goldbestände im April zusammengenommen um 75 Prozent mehr erhöht als noch im März. Russland stockte sein Goldlager um 269.000 Feinunzen auf nun 31,8 Millionen auf, Kasachstan um 85.000 auf 4 Millionen und Aserbaidschan um 32.000 auf 129.000 Feinunzen.
Der Goldbestand der türkischen Zentralbank stieg sogar um 586.000 auf 13,73 Millionen Feinunzen. Hauptgrund dafür dürften Analysten zufolge aber weniger direkte Goldkäufe gewesen sein. Vielmehr dürfte es sich dabei um Goldzugänge von Geschäftsbanken handeln, die neuerdings als Sicherheit von der türkischen Notenbank akzeptiert werden.
Insgesamt sind den IWF-Daten zufolge die Goldvorräte bei den Zentralbanken im April weltweit um 972.000 Feinunzen gestiegen. Anfang April entsprach dies noch einem Wert von etwa 1,5 Milliarden Dollar. Zum Tiefpreis von 1321,50 Dollar am 16. April waren es lediglich 1,3 Milliarden Dollar.
Die IWF-Zahlen finden unter Goldanlegern deswegen viel Beachtung, weil sich die Goldkäufe von Zentralbanken in den vergangenen Jahren als wichtige Stütze für die Entwicklung des Goldpreises erwiesen haben. Laut Daten des World Gold Council, einer Lobbygruppe von Minenunternehmen, machten allein Zentralbankkäufe im ersten Quartal des laufenden Jahres 11,3 Prozent aller Goldkäufe weltweit aus.
Sorge vor Notenbankverkäufen ebbt ab
Das Kaufverhalten der Notenbanken im zurückliegenden Monat war auch deswegen in den Fokus geraten, weil Zypern im Zuge der Bewältigung seiner Schuldenkrise den Verkauf von zehn Tonnen des gelben Metalls in Erwägung gezogen hatte und damit zu dem wenig später erfolgten Goldpreisabsturz beigetragen haben könnte. Die am 10. April bekanntgewordenen Überlegungen hatten Ängste geschürt, auch andere mit finanziellen Problemen kämpfende Staaten der Euro-Zone wie Italien, das die weltweit viertgrößten Goldvorräte besitzt, könnten auf ähnliche Ideen kommen.
"Ich glaube, dass das helfen wird, den Rückgang des Goldpreises in geordnete Bahnen zu lenken", kommentierte Gold-Analysten Yvonne Wang von Beijing Antaike und weiter: "Es zeigt, dass einige den Glauben an das Gold noch nicht verloren haben".
Aktuell kostet die Feinunze Gold rund 1392 Dollar. Seit Jahresbeginn bedeutet dies einen Preisverfall von knapp 12 Prozent.
Zentralbanken stocken ihre Goldvorräte typischerweise langsam und behutsam auf, um sie auch länger zu halten. Hektische Gold-Käufe bzw. -Verkäufe von einem Tag auf den anderen sind ihre Sache dagegen nicht. Damit sorgen sie für eine Art Puffer bei der Entwicklung des Goldpreises.
Aufwärtspotenzial für Gold bleibt begrenzt
Viele Notenbanken aus Schwellenländern haben in den vergangenen Jahren als Reaktion auf die europäische Staatsschuldenkrise ihre Goldbestände erhöht, was zum einen nicht ohne Auswirkungen auf andere Reservepositionen wie den US-Dollar oder den Euro geblieben ist und zum anderen mit dazu beigetragen hatte, den Goldpreis nach oben zu treiben. Schließlich erreichte das Gold erst im Oktober 2012 mit knapp 1800 Dollar den höchsten Stand seit dem Rekordhoch von 1921 Dollar rund ein Jahr zuvor.
Wenngleich einige Zentralbanken wie auch private Investoren die jüngst gesunkenen Goldpreis zu Käufen nutzten, sorgt die in den vergangenen Wochen stark erhöht Schwankungsanfälligkeit bei vielen Akteuren für Argwohn.
Hinzu kommt, dass sich die Profis für einen fallenden Goldpreis wappnen. Nach Angaben der für den Handel mit Futures und Optionen auf Rohstoffe in den USA zuständigen Behörde, der Commodity Futures Trading Commission (CFTC), beliefen sich die Gold-Leerverkaufspositionen von Fondsmanagern in der Woche zum 21. Mai auf das Rekordniveau von 79.416 Kontrakten. Während sich die Kontrakte auf einen steigenden Goldpreis um 1494 erhöhten, stieg die Zahl der Leerverkaufspositionen um 4985.
Nach Ansicht von Gold-Expertin Wang sprechen der hohe Bestand an Leerverkaufspositionen ebenso wie die jüngst zu beobachtenden Positionsauflösungen von Gold-Indexfonds dafür, dass das gelbe Edelmetall allenfalls begrenztes Aufwärtspotenzial hat. "Es gibt derzeit einfach keine Impulse, die den Goldpreis nach oben treiben", zeigt sich Wang pessimistisch.
Originalartikel auf Wall Street Journal Deutschland