Steuer-Vorstoß Union will Konjunkturpaket wieder aufschnüren
Berlin/Osnabrück - Am Dienstag erst hat der Koalitionsausschuss das zweite Konjunkturpaket abgesegnet - jetzt will die CDU-Bundestagsfraktion es neu aufschnüren, um weitere Steuererleichterungen einzubauen. "Die Lohnkosten für Haushaltshilfen müssen künftig in unbegrenzter Höhe von der Steuer absetzbar sein", forderte Fraktionsvize Michael Meister in der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die Zahl legaler Jobs für Putz- und Pflegekräfte oder Kinderbetreuer in Privathaushalten ließe sich so deutlich steigern, sagte der CDU-Mann. Die Unionsfraktion werde im Gesetzgebungsverfahren für das zweite Konjunkturpaket darauf dringen, die bessere steuerliche Förderung privater Haushalte noch aufzunehmen, kündigte der CDU-Finanzpolitiker an. Der Bedarf für Hilfe sei in vielen Familien vorhanden, gerade weil immer öfter beide Partner berufstätig seien.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte der "Neuen OZ", er rechne mit "Hunderttausenden neuen Jobs" durch die vorgeschlagene steuerliche Entlastung. Uhl verwies auf eine aktuelle Umfrage, nach der jeder fünfte Haushalt in Deutschland eine Haushaltshilfe illegal beschäftigt.
Auch die Statistik spreche für eine große Zahl von Schwarzarbeitern im privaten Bereich. "40 Millionen Haushalten in Deutschland stehen nur 35.000 angemeldete Vollzeitbeschäftigte und 162.000 registrierte Minijobber gegenüber", erklärte der CSU-Politiker. Der Staat dürfe nicht länger zuschauen, wie die Sozialkassen und das Finanzamt systematisch hintergangen würden. "Wir brauchen dringend stärkere steuerliche Anreize, damit Familien bezahlbare Haushaltshilfen legal einstellen können", forderte Uhl.
Die Union bezifferte die anfänglichen Steuerausfälle durch ihre Pläne auf höchstens 500 Millionen Euro. Dem stünden aber zusätzliche Einnahmen beim Staat durch neue legale Jobs in Privathaushalten gegenüber, sagte Meister. Gegenwärtig können Haushalte nur bis zu 4000 Euro Lohnkosten im Jahr von der Steuer absetzen, wenn sie jemanden beschäftigen. Handelt es sich um einen Minijobber, liegt die Obergrenze sogar nur bei 510 Euro.
Arbeitsminister Scholz erwartet 250.000 neue Jobs
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) geht davon aus, dass das zweite Konjunkturpaket schon jetzt, so wie es gestrickt ist, rund eine Viertelmillion Jobs in Deutschland rettet. Zuvor hatte schon das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) diese Summe genannt.
"Wir haben ein wirksames Paket beschlossen", sagte Scholz der "Passauer Neuen Presse" - und schob dann sogar die optimistische Einschätzung hinterher: "Wir haben es selbst in der Hand, Vollbeschäftigung zu erreichen. Wenn wir die Bürger jetzt richtig qualifizieren, wird es Arbeitslosigkeit als Massenphänomen um die Mitte des nächsten Jahrzehnts nicht mehr geben." Vollbeschäftigung heiße für ihn, "dass niemand länger als ein Jahr auf einen Job warten muss".
Die Bundesregierung rechnet laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" allerdings auch damit, dass die Zahl der Arbeitslosen 2009 aufgrund der schrumpfenden Wirtschaft um eine halbe Million zunimmt - sprich: abzüglich der durch das Konjunkturpaket geretteten Jobs um 250.000. Die Arbeitslosenquote würde im Jahresschnitt um 0,6 Punkte auf 8,4 Prozent steigen, berichtet die Zeitung ohne Angabe von Quellen. Im Arbeitsministerium wurde diese Prognose dementiert.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, nannte die Maßnahmen des Konjunkturpakets unzureichend. Den zu befürchtenden Anstieg der Arbeitslosigkeit hätten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu verantworten.
Eine immer wichtigere Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt die Umweltschutzbranche. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" arbeiten dort inzwischen 1,8 Millionen Beschäftigte. Damit hängt jeder zwanzigste Job in Deutschland an Gütern und Dienstleistungen rund um die Umwelt, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen Bericht des Umweltministeriums und des Umweltbundesamts. Trotz der Wirtschaftskrise seien die Wachstumsaussichten für die Erfolgsbranche weiterhin gut.
Länder und Gemeinden streiten über Anteile
Über die Verteilung der Investitionsgelder aus dem Konjunkturprogramm ist ein Streit zwischen Ländern und Gemeinden entbrannt.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU), sagte der "Leipziger Volkszeitung", gut wirtschaftende Kommunen dürften nicht bestraft werden, wenn die Länder bei Kommunen mit Haushaltsnotlage automatisch deren Eigenteil übernehmen müssten. "Wer bisher diszipliniert und gut gewirtschaftet hat, darf nun nicht benachteiligt werden", mahnte Tillich. Darüber seien sich die Bundesländer bereits weitgehend einig.
Dagegen verlangte der Deutsche Städte- und Gemeindebund Solidarität der finanziell starken mit den schwachen Kommunen. Gemeindebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte dem Blatt, in der Regel seien finanzielle Notlagen von Gemeinden nicht auf Misswirtschaft zurückzuführen, sondern auf strukturelle und arbeitsmarktpolitische Benachteiligungen bestimmter Regionen. Diese "objektive Schlechterstellung darf keinesfalls dazu führen, dass Gemeinden vom neuen Investitionsprogramm ausgeschlossen bleiben, weil sie den Eigenanteil nicht aufbringen können." Allein in Nordrhein-Westfalen befänden sich mehr als hundert Gemeinden in der Haushaltsnotlage.
Scharfe Kritik an Abwrackprämie
Die von der großen Koalition geplante Abwrackprämie für alte Autos stößt weiter auf harte Kritik. Der hessische FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Jörg-Uwe Hahn, nannte die Regelung in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein "Konjunkturprogramm für die Slowakei oder Asien". Die Prämie helfe deutschen Konsumenten nicht, die teureren Modelle aus eigener Herstellung zu kaufen.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK) befürchtet zudem, dass Fälscher aus Osteuropa die Papiere von alten Autos frisieren, um an den Zuschuss zu kommen. Die Abwrackprämie sei daher eine "Einladung an die organisierte Kriminalität", sagte der nordrhein-westfälische BdK-Vorsitzende Wilfried Albishausen der "Rheinischen Post".
Die Koalition hatte die Prämie als Teil des zweiten Konjunkturpakets beschlossen. Wer sein mindestens neun Jahre altes Auto verschrottet und in diesem Jahr einen umweltfreundlichen Neu- oder Jahreswagen kauft, erhält 2500 Euro vom Staat.