Steueraffäre Zumwinkel profitiert von Justizpanne

Ende Januar beginnt der Steuerprozess gegen Klaus Zumwinkel. Doch der ehemalige Post-Chef kann auf ein milderes Strafmaß hoffen. Ein Teil der Taten ist bereits verjährt - weil der Amtsrichter bei den Ermittlungen den Durchsuchungsbefehl zu spät unterzeichnete.

Bochum – Am 22. Januar kommenden Jahres wird vor der 12. Großen Strafkammer des Bochumer Landgerichts das Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen den ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel eröffnet. Das Urteil soll am zweiten Verhandlungstag, dem 26. Januar 2009, gesprochen werden.

Durch eine peinliche Panne könnte die Strafe gegen den Ex-Manager geringer als erwartet ausfallen. Offenbar hat der zuständige Amtsrichter den Durchsuchungsbefehl einen Tag zu spät unterzeichnet, als dass die Zumwinkel vorgeworfene Steuerhinterziehung für das Jahr 2001 vor Gericht verhandelt werden könnte - sie ist verjährt; so sieht es zumindest das Landgericht.

In einer Pressemitteilung vom Dienstag steht, dass die Kammer die Eröffnung des Verfahrens für das Jahr 2001 ablehnt, weil dem "Verjährung entgegensteht". Der Durchsuchungsbeschluss wurde, so ein Sprecher des Landgerichts, am 31. Januar 2008 unterzeichnet, die Verjährungsfrist sei aber schon am 30. Januar 2008 abgelaufen.

Ein solcher Durchsuchungsbeschluss gilt als eine "verjährungsunterbrechende Handlung", heißt es weiter. Es geht um 214.000 Euro entzogener Steuern. Damit würde es sich bei der gesamten Steuerhinterziehung, die Zumwinkel vorgeworfen wird, nunmehr nur noch um knapp eine Million drehen.

Nach Informationen der Staatsanwaltschaft Bochum hatte der Amtsrichter genügend Zeit, den Durchsuchungsbeschluss zu erlassen. "Die Unterlagen sind Mitte Januar ans Gericht gegangen", erklärt Sprecher Bernd Bienioßek. Auch hätte seine Behörde auf die drohende Verjährung hingewiesen.

Allerdings gehörte auch ein Bericht der Steuerfahndung zu den Unterlagen für den Amtsrichter. Danach hätte die Steuerfahndung den Tag der Verjährung mit dem 2. Februar 2008 angegeben. Ausschlaggebend für diese Frist ist die Zustellung von Zumwinkels Steuerbescheid für das Jahr 2001. Die Fahnder kalkulierten offenbar eine fiktive Zustellungsfrist von drei Tagen ein - eine gängige Praxis in der Finanzverwaltung. Die Steuerfahndung will dazu derzeit keine Stellungnahme abgeben. Bienioßek geht davon aus, dass die Panne keinen großen Einfluss auf die zu erwartende Strafe haben wird. "Es wird in solchen Fällen eine Gesamtstrafe gebildet, die einzelnen Jahre spielen dabei keine so große Rolle."

Zumwinkel soll laut Anklage mit Hilfe der Stiftung "Devotion Family Foundation" bei der Liechtensteinischen LGT-Bank Kapitalerträge in Millionenhöhe erzielt haben, die er dem Finanzamt verschwieg. Der ehemalige Top-Manager, der im Zuge der Steueraffäre als Post-Chef zurückgetreten war, gründete demnach seine Familienstiftung in Liechtenstein bereits 1986 mit ererbtem Familienvermögen.

Die Liechtensteiner Steueraffäre war Mitte Februar mit der Durchsuchung von Zumwinkels Privathaus in Köln bekannt geworden. Es folgte eine Welle von Razzien im gesamten Bundesgebiet. In dem Komplex gehen die Behörden seit Monaten insgesamt 780 Fällen mutmaßlicher Steuerhinterziehung nach. Bislang wurden nach Angaben der Bochumer Staatsanwaltschaft rund 400 Ermittlungsverfahren eingeleitet, in etwa hundert Fällen wurden die Akten nach Vorermittlungen wegen fehlender strafrechtlicher Relevanz geschlossen. Rund 137 Millionen Euro wurden bislang von Steuersündern nachgezahlt.

Im ersten Prozess um die Liechtenstein-Affäre hatte das Bochumer Landgericht im Juli einen früheren Immobilienkaufmann zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der geständige Angeklagte musste außerdem 7,5 Millionen Euro als Bewährungsauflage zahlen. Trotz des hohen Steuerschadens von gut acht Millionen Euro wertete es das Gericht damals zugunsten des Verurteilten, dass dieser sich den Behörden selbst gestellt habe.

Mit Material von AFP

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