Schätzung Steuereinnahmen in diesem Jahr um 40 Milliarden Euro höher als erwartet

Finanzminister Christian Lindner (FDP): Kräftiges Einnahmeplus
Foto: Michele Tantussi/ AFPUkrainekrieg und Coronapandemie machen die Konjunktur in Deutschland fragil – doch auf die Steuereinnahmen des Staates schlägt sich das wohl erst einmal nicht nieder. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr 40,4 Milliarden Euro mehr einnehmen werden als noch im November erwartet. Zudem kann der Staat bis 2026 mit Mehreinnahmen in Höhe von rund 220 Milliarden Euro rechnen.
Das Geld könnte es Finanzminister Christian Lindner deutlich einfacher machen, ab 2023 wie versprochen die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Doch Lindner wies bereits vor Bekanntgabe der neuen Zahlen darauf hin, dass er nach wie vor wenig finanziellen Spielraum sieht. »Ich habe weniger Einnahmen als die Steuerschätzer kalkulieren konnten«, sagte der FDP-Chef im ARD-»Morgenmagazin«.
Denn die Steuerschätzer berücksichtigen nur Reformen, die Bundestag und Bundesrat bereits passiert haben. Große Teile der geplanten Entlastungspakete wegen der hohen Energiekosten sind aber noch »in der Lieferung«, wie Lindner sagte, stecken also noch im parlamentarischen Verfahren. Allein die steuerliche Anpassung von Grundfreibetrag, Werbungskosten- und Fernpendlerpauschale werden bis 2026 rund 22 Milliarden Euro kosten, die in der Schätzung noch nicht berücksichtigt sind.
Zum anderen könnte das Plus ganz schnell schrumpfen, falls sich die Lieferkettenprobleme durch die Coronalockdowns in China verschärfen. Oder falls der Ukrainekrieg so deutliche Spuren in der deutschen Konjunktur hinterlässt, wie manche Ökonomen befürchten. »Die aktuelle Steuerschätzung kommt in einer Phase hoher Unsicherheit«, sagte Lindner. Die Folgen des Kriegs seien nach wie vor nicht absehbar, die Entwicklung der Zinsausgaben ungewiss.
Noch wächst die deutsche Wirtschaft, viele Firmen haben volle Auftragsbücher, auch weil die Bürger in Pandemiezeiten aufgeschobene Ausgaben nachholen. Allerdings senkte die Bundesregierung ihre Wachstumserwartungen wie viele Institute zuletzt deutlich ab. Sie rechnet für 2022 nur noch mit einem Plus der Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent, für 2023 von 2,5 Prozent. Ein Stopp russischer Gaslieferungen könnte die Wirtschaft sogar in eine schwere Krise stürzen.
Die Steuerschätzung ist eine wichtige Grundlage für die laufenden Beratungen über den Bundeshaushalt und die Finanzplanung für die Folgejahre. Bisher plant Lindner für das laufende Jahr mit Schulden in Höhe von 138,9 Milliarden Euro. Ab 2023 will er die wegen der Pandemie ausgesetzte Schuldenbremse wieder einhalten. Dann wären nur noch Kredite in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro erlaubt. Außerdem muss der Bund dann mit der Tilgung der vielen Milliarden an Coronakrediten beginnen.