Steuerhinterziehung Zumwinkel zu 24 Monaten auf Bewährung verurteilt

Milde Strafe für Deutschlands prominentesten Steuersünder: Klaus Zumwinkel wurde vom Landgericht Bochum zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt.

Bochum - Entscheidung im Steuerprozess um Klaus Zumwinkel: Das Landgericht Bochum hat den Ex-Post-Chef zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt. Das verkündete Richter Wolfgang Mittrup am Montag am Landgericht Bochum. Das Gericht folgte damit den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Zumwinkels Verteidiger Hanns Feigen hatte eine "erheblich" darunter liegende Strafbemessung gefordert.

Zumwinkel (M.), Verteidiger Schwedhelm, Feigen: "Von Reue getragen"

Zumwinkel (M.), Verteidiger Schwedhelm, Feigen: "Von Reue getragen"

Foto: DPA

800.000 Euro der Bewährungsstrafe fließen laut Urteil in die Staatskasse, die restlichen 200.000 Euro kommen sieben gemeinnützigen Organisationen zugute, darunter der Krebshilfe, den Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld-Bethel und der Kindernothilfe.

Mit der Forderung einer Bewährungsstrafe berücksichtigte die Staatsanwaltschaft unter anderem, dass Zumwinkel ein "voll umfängliches Geständnis" abgelegt habe, das auch "von Reue getragen" sei. Der ehemalige Top-Manager hatte zu Prozessbeginn am vergangenen Donnerstag gestanden, über eine Stiftung in Liechtenstein knapp 970.000 Euro am Fiskus vorbeigeschleust zu haben.

Laut Anklage hat Zumwinkel in den Jahren 2001 bis 2007 Abgaben in Höhe von 1,2 Millionen Euro hinterzogen. Das Jahr 2001 wurde allerdings nicht zur Anklage zugelassen - weil ein Ermittlungsrichter Beschlüsse zwölf Stunden zu spät ausgefertigt hatte und sich das auf die Verjährung auswirkte. Ohne diese Verjährung hätte Zumwinkel eine Gefängnisstrafe gedroht, denn ab einer Summe von einer Million Euro hätte die Strafe einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zufolge nur im Ausnahmefall zur Bewährung ausgesetzt werden dürfen.

Zumwinkel hatte vor Gericht, die Gründung der Liechtensteiner Stiftung als "größten Fehler" seines Lebens bezeichnet. Er "bereue" dies, übernehme die "volle Verantwortung". Er, seine Familie und sein privates Umfeld hätten "bitter gebüßt", unter anderem mit "persönlichen Bedrohungen, Brief- und Telefonterror, Hausbelagerungen, Nachstellungen".

Zumwinkels Karriere endete nach seiner Festnahme am 14. Februar 2008, er gab all seine Machtpositionen auf: den Vorstandsvorsitz bei der Post, den Aufsichtsratsvorsitz bei Postbank und Telekom, den Aufsichtsratplatz bei Lufthansa und Arcandor, den Sitz im Verwaltungsrat von Morgan Stanley.

Ausdrücklich ging Mittrup in der nur gut 15-minütigen Urteilsbegründung auf die spektakuläre Durchsuchung von Zumwinkels Kölner Mietvilla am 14. Februar 2008 ein, mit der die Affäre um Steuerhinterziehung durch reiche Deutsche über liechtensteinische Stiftungen öffentlich bekannt geworden war. Zumwinkels vorübergehende Festnahme nach der Durchsuchung und seine Abfahrt zur Bochumer Staatsanwaltschaft waren seinerzeit im Fernsehen live ausgestrahlt worden. Diese Umstände der Festnahme seien "nicht hinnehmbar", kritisierte Mittrup. "Das musste sich für den Angeklagten strafmildernd auswirken."

Auch in punkto Steuerschuld hatte sich Zumwinkel kooperativ gezeigt: Er zahlte insgesamt rund 3,9 Millionen Euro an Steuern, Zinsen und Gebühren zurück. Bei dieser Summe sind auch Steuerhinterziehungen berücksichtigt, die strafrechtlich wegen Verjährung keine Rolle mehr spielten.

Zumwinkel selbst hatte bei seinem Geständnis betont, er habe bewusst darauf verzichtet, einen Rechtsstreit darüber zu führen, wie die Staatsanwaltschaft an Informationen zu seiner Steuerhinterziehung gekommen sei. Ausgangspunkt war Material zu Bankkonten von mehr als 1000 potentiellen deutschen Steuersündern in Liechtenstein, darunter Zumwinkel. Die Daten, die der Liechtensteiner Bank LGT zuvor gestohlen worden waren, hatte der Bundesnachrichtendienst (BND) für rund 4,5 Millionen Euro eingekauft. Über die Zulässigkeit der gestohlenen Daten vor Gericht ist bislang nicht abschließend befunden worden.

Zumwinkel-Verteidiger Feigen kommentierte die Datenbeschaffung des BND am Montag erneut in seinem Plädoyer: "Handelt es sich bei den wie auch immer gewonnenen Daten um Zufallsfunde im Rahmen der Terrorismusbekämpfung oder sehen wir uns einer neuen, BND-gestützten Ermittlungsmethode der Finanzbehörden gegenüber?"

Trotz der Geldstrafe muss sich Zumwinkel keine Sorgen um seine finanzielle Zukunft machen. Der Ex-Post-Chef bezifferte sein aktuelles Finanzvermögen selbst auf rund acht Millionen Euro. Dazu besitzt der frühere Konzernlenker noch eine Burg am Gardasee, deren Wert er mit rund fünf Millionen Euro angibt. Für das laufende Jahr 2009 erwartet Zumwinkel Einkünfte von etwa 600.000 Euro netto.

Zumwinkel ist auch wegen seiner Arbeit bei der Telekom ins Visier der Ermittler geraten. Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht derzeit, welche Rolle er bei der Spitzel-Affäre der Telekom gespielt hat.

ssu/AFP/AP/dpa/ddp/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten